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Analyse

Mobilfunk-Lizenzen Gut 6,5 Milliarden Euro für 5G

Stand: 12.10.2020 16:55 Uhr

Der erste Schritt in die Zukunft des Mobilfunks in Deutschland ist getan. Die Frequenzen sind versteigert - für mehr als 6,5 Milliarden Euro. Doch bis es 5G an jeder "Milchkanne" geben wird, dauert es noch.

Eine Analyse von Stephan Ebmeyer, SWR

Es ist der spektakuläre Auftakt in die digitale Zukunft Deutschlands: Die Versteigerung der 5G-Lizenzen in Mainz ist zu Ende gegangen. Nach zwölf Wochen Dauer. Die erzielte Summe ist höher als erwartet: Mehr als 6,5 Milliarden Euro hat der Bund mit der Versteigerung eingesammelt. Die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica - und neu dabei - 1&1 Drillisch wollen jeweils eigene 5G-Netze aufbauen.

Große Erwartungen wurden vor allem durch die Politik geschürt, dass schon bald 5G an jeder "Milchkanne" verfügbar sei, dass es dadurch keine Funklöcher mehr geben solle und dass Deutschland zum "Leitmarkt" für 5G werde. Doch vieles davon ist nur teilweise richtig, manches schlicht falsch.

Industrie first?

Denn der neue Mobilfunkstandard 5G wird in erster Linie für die Industrie interessant sein. Er kann sehr viel mehr Daten sehr viel schneller übertragen - etwa 100 Mal so schnell - als der Vorgänger 4G und das sogar nahezu verzögerungsfrei und an tausende Geräte gleichzeitig.

Das ist ideal für autonome Autos, Telemedizin und Konzerne wie beispielsweise BMW, BASF, Bosch, Daimler und Siemens. Sie haben bereits angekündigt, eigene 5G-Netze für ihre Produktionsstätten aufbauen zu wollen - unabhängig von den großen Mobilfunkkonzernen.

Sprich: ein Geschäft, das den großen Netzbetreibern entgeht. Dabei hätten gerade die Industriekunden während der Aufbauphase der neuen Mobilfunknetze satte Einnahmen garantiert. Doch stattdessen wird ein Viertel der jetzt verfügbaren Lizenzen gar nicht versteigert, sondern verkauft. Direkt. Ohne langwierige Auktion. Und die Industrie kann damit theoretisch schon Ende dieses Jahres durchstarten. Nicht erst 2021 wie die Netzbetreiber.

Sicherheit second?

Viel wurde über das Thema Sicherheit debattiert. Noch immer gibt es Bedenken, auf welchen Hersteller beim Aufbau der Netze gesetzt werden soll. Vor allem Huawei steht immer wieder in der Kritik. Die USA haben Deutschland vor dem Einsatz der Technik aus China gewarnt. Amerika und seine Verbündete haben sich jedenfalls darauf verständigt, aus Sicherheitsgründen keinerlei Komponenten des Marktführers Huawei zu verwenden. Deutschland wird hingegen wohl zumindest teilweise auf chinesisches Know-how setzen.

Funklöcher ade?

Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung vollmundig versprochen: "Wir forcieren den Ausbau der Mobilfunkversorgung und entwickeln Deutschland zum Leitmarkt für 5G." Weiter wird den Mobilfunknutzern versichert, dass die Politik eine "verlässliche und lückenlose Mobilfunkversorgung insbesondere im ländlichen Raum" sicherstellt.

Tatsächlich sind die Ausbauauflagen für die Netzbetreiber streng: Bis Ende 2022 sollen 98 Prozent der Haushalte sowie Autobahnen und viele Bahnstrecken mit schnellem, mobilem Internet versorgt werden. Allerdings nicht notwendigerweise mit 5G. Denn die Auflagen der Bundesnetzagentur sind so gestaltet, dass sie nicht explizit 5G vorschreiben. Dazu kommt, dass die jetzt versteigerten Frequenzen zwar eine hohe Datenrate, dafür aber nur eine geringe Reichweite haben.

Daher werden die Netzbetreiber den Netzausbau in der Fläche eher mit 4G als 5G realisieren (müssen). Und das dürfte vielen Menschen, insbesondere im ländlichen Raum, im ersten Schritt schon völlig ausreichen. So könnte es trotzdem weniger Funklöcher durch 5G geben, wenn auch indirekt.

Nationales Roaming?

Technisch könnte man die Funklöcher noch schneller und einfacher schließen, indem einzelne Netzbetreiber gezielt Funktürme in unterversorgten Regionen aufstellen und ihre Netze für Mitbewerber öffnen – das sogenannte Nationale Roaming ermöglichen. Das funktioniert ähnlich wie im Urlaub im Ausland: Hat man mit seinem Netzanbieter keinen Empfang, bucht sich das Handy automatisch in das Netz eines anderen Anbieters ein.

Auf diese Regelung hatte 1&1 Drillisch im Vorfeld gedrängt. Doch sie ist nur optional, also Verhandlungssache. Mittlerweile hat aber bereits die Deutsche Telekom signalisiert, dass sie ihr Netz für Mitbewerber öffnen würde.

Das Geschäftsmodell des neuen Anbieters 1&1 Drillisch baut auf das Nationale Roaming. Denn während Drillisch ein komplett neues Netz aufbaut, wollen Kunden in den noch nicht versorgten Gebieten trotzdem ihr Smartphone nutzen können. Ohne die Roaming-Regelung würde wohl kaum ein Kunde zum neuen Netzanbieter wechseln.

Geld für Netzausbau?

Der Bund will das Geld aus der Auktion in die Digitalisierung stecken, etwa in den Glasfaserausbau auf dem Land, aber auch für Schulen nutzen. Der sogenannte "Digitalpakt Schule" soll dadurch ebenfalls finanziert werden. Geld, das sehr wahrscheinlich für den Netzausbau zum "Leitmarkt 5G" fehlen dürfte.

In Südkorea ist man derweil schon weiter. Das erste 5G-Smartphone ist auf dem Markt und das entsprechende Handynetz schon in Betrieb: flächendeckend.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 12. Juni 2019 um 20:00 Uhr.