Brief an Scholz Altmaier kritisiert Bon-Pflicht
Einzelhändler müssen ab 2020 bei jedem Einkauf einen Bon drucken - ob der Kunde will oder nicht. Wirtschaftsminister Altmaier warnt vor den Folgen und appelliert an Finanzminister Scholz.
Von Kilian Pfeffer, ARD-Hauptstadtstudio
Das Thema schwelt seit Wochen: die Kassenbon-Pflicht. Sie ist Teil eines Gesetzes, mit dem Betrug an Laden- beziehungsweise Restaurantkassen verhindert werden soll. Denn: Jedes Jahr werden zehn Milliarden Euro Steuergelder an Geschäftstheken hinterzogen. Das schätzt zumindest der Bundesrechnungshof. Der deutsche Einzelhandel ist auf den Barrikaden. Und nun macht auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit einem Brief an seinen Kabinettskollegen, Finanzminister Olaf Scholz Druck.
"Erheblicher Mehraufwand an Bürokratie"
Altmaier warnt in dem Brief, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, seinen "sehr geehrten Herrn Kollegen, den lieben Olaf":
Die Folgen dieser Regelung sind beträchtlich. Für jeden noch so kleinen Einkauf oder Geschäftsvorgang muss ein Kassenbon ausgedruckt werden - auch wenn der Kunde darauf ausdrücklich verzichtet. Dies wird zu einem erheblichen Mehraufwand an Bürokratie führen".
Die Regelung zur Bon-Pflicht geht auf eine Bestimmung aus dem Jahr 2016 zurück. Sie war aber im ursprünglichen Gesetzentwurf gar nicht enthalten, schreibt das Wirtschaftsministerium. Altmaier argumentiert in dem Brief:
Im gesamten Handel werden Milliarden zusätzlicher Bons gedruckt, die in den allermeisten Fällen direkt im Müll landen. Da diese Bons häufig auf Thermopapier ausgegeben werden, das im Restmüll zu entsorgen ist, wird die Umwelt belastet. Auch aus Nachhaltigkeitsgründen sollte dieser Abfall vermieden werden.
Das Wirtschaftsministerium positioniert sich klar im Sinne des Einzelhandels. Die Bonpflicht, die "Belegausgabepflicht", wie sie im Gesetzesjargon heißt, soll weg.
Hinhaltetaktik aus dem Finanzministerium?
Was sagt Olaf Scholz dazu? Bisher nicht viel. Eine Sprecherin des Finanzministeriums äußerte sich am Mittwoch in der Bundespresskonferenz. Sie führte aus, dass die Bonpflicht eben ein fester Teil des Kassengesetzes sei, das zum 1. Januar eingeführt solle. "Eine Änderung, also ein Absehen von der Belegausgabepflicht beziehungsweise weitere mögliche Ausnahmeregelungen, bedürften einer Änderung der Abgabenordnung. Das ist das, was ich hier dazu sagen kann. Das ist also im Moment - soweit ich weiß - nicht angedacht", so die Sprecherin am Mittwoch.
Das klingt eher nach Hinhaltetaktik. Es sieht also ganz so aus, dass Peter Altmaier nun den Druck der Öffentlichkeit nutzen will, um in der Sache voranzukommen. Scholz und das Finanzministerium haben auf jeden Fall die Rückendeckung der neuen SPD-Parteispitze: Norbert Walter-Borjans verteidigte am Donnerstag die Bon-Pflicht gegen Kritik. Um gegen die milliardenschweren Betrügereien vorzugehen, brauche man manipulierunfähige Kassen und die Bon-Ausgabe, so Walter-Borjans.