Betriebsrentenreform Sicherheit ohne Garantie?
Die gesetzliche Rente wird in Zukunft nicht mehr reichen, um den Lebensstandard im Alter zu halten - das ist die klare Ansage der Politik. Betriebsrenten sollen Abhilfe schaffen. Heute ist eine Reform in Kraft getreten, die auch kleinen Firmen erleichtert, diese anzubieten.
In der Reform steckt etwas komplett Neues: die sogenannte Zielrente, bei der keine feste Rentenzahlung im Alter mehr garantiert wird. Solche Betriebsrentenmodelle sind in Zukunft möglich, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften darauf einigen und es per Tarifvertrag regeln. Anderswo in Europa hat man schon Erfahrung damit.
Und: Es funktioniere, sagt Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung: "Ein Blick in die Niederlande, die schon länger mit solchen kollektiven Beitragszusagen arbeiten, zeigen eben, welche Erfolge damit erzielt werden können."
Die Betriebsrente wird nach Ansicht der Bundesregierung zu wenig genutzt: Derzeit haben nur rund 60 Prozent der Beschäftigten einen Anspruch auf eine betriebliche Altersvorsorge. Das sind vor allem Beschäftigte in höheren Einkommensgruppen und Beschäftigte in großen Unternehmen. Bei Geringverdienern hat nur jeder Dritte Anspruch auf eine Betriebsrente. Deshalb ist Union und SPD daran gelegen, dieses Modell der Altersvorsorge attraktiver zu machen.
Die Masse gibt Sicherheit - hoffentlich
Die Idee hinter der Zielrente: Ohne Garantien kann das Geld risikoreicher angelegt werden - in Zeiten von Nullzinsen wohl die einzige Chance, überhaupt etwas Nennenswertes zu erwirtschaften. Sicherheit soll die Masse bringen. Wenn möglichst viele Beschäftigte bei der Zielrente mitmachen, sinkt das Risiko, so hofft die Politik. Zielrenten sollen deshalb gleich für ganze Branchen vereinbart werden.
"Das führt dazu, dass Sie Risiken dann eben auch teilen können - zwischen jungen Arbeitnehmern und älteren Arbeitnehmern, bis hin auch zu den Rentnern", erklärt Stiefermann. "Und Sie können die Kapitalanlagen dann eben so gestalten, dass Sie tatsächlich eine sehr, sehr hohe Sicherheit haben, weil der Gesetzgeber auch vorsieht: Es müssen Puffer eingebaut werden."
Die Betriebsrente ist eine Zusatzvorsorge zur gesetzlichen Rente, bei der die Beschäftigten Unterstützung des Arbeitgebers erhalten. Sie stellt neben der gesetzlichen Rente und der privaten Zusatzvorsorge eine von drei Säulen der Altersvorsorge dar. Klassischerweise ist die betriebliche Altersvorsorge eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Heute werden Betriebsrenten aber oft zum Großteil vom Arbeitnehmer finanziert. Dabei handelt es sich dann um die sogenannte Entgeltumwandlung: Teile des Gehalts oder Sonderzahlungen werden in Beiträge zur Altersvorsorge umgewandelt.
Noch viel Überzeugungsarbeit notwendig
Trotz allem: In Deutschland ist man verliebt in Sicherheit und Garantien. Eine Betriebsrente ohne feste Zusage fürs Alter werde man den Deutschen erst noch schmackhaft machen müssen, räumt auch Stiefermann ein: "Es bedarf eines gewissen Überzeugungsprozesses. Und deshalb ist eben auch nicht zu erwarten, dass wir mit dem Jahreswechsel gleich erste solcher Modelle haben werden."
Der Staat will mit der Reform auch erreichen, dass Geringverdiener öfter Betriebsrentenverträge abschließen. Dafür werden unter anderem steuerliche Anreize für die Arbeitgeber eingeführt. Die Reform gilt nicht nur für neue Verträge. Sie kann auch interessant sein für Arbeitnehmer, die schon heute auf eine Betriebsrente hin sparen. So können Arbeitnehmer mehr Geld als bisher steuerfrei einzahlen. "Das ist eine interessante Möglichkeit, auch jetzt schon aufzustocken und mehr zu tun - staatlich gefördert", meint Stiefermann.
Einige Verbraucherschützer sehen die Reform nicht als den großen Wurf an. Linke und Grüne kritisieren sie sogar heftig. Klaus Stiefermann ist nicht so skeptisch. Er erwartet durchaus, dass es mehr Betriebsrentenangebote geben wird. Schnelle Veränderungen seien allerdings nicht zu erwarten, so Stiefermann: "Man muss sehen: In der betrieblichen Altersversorgung denken wir ja immer in sehr langen Zeiträumen. Wir haben es zu tun mit Ansparphasen über 30, 40, 50 Jahren, Auszahlphasen von zehn, 20, 30 Jahren. Insofern kann man eben nicht davon ausgehen, dass sich hier bei diesem System ad hoc etwas ändert."