Baerbock im Nahen Osten "Nicht auf Trittbrett des Terrors aufspringen"
Außenministerin Baerbock ist im Krisenmodus: Israel, Libanon, dann nach Ägypten. Es geht darum, einen "Flächenbrand" im Nahen Osten zu verhindern. Sie forderte Hisbollah und schiitische Milizen auf, sich nicht in den Konflikt einzumischen.
Zum zweiten Mal seit Beginn der Angriffe auf Israel ist Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in die Hauptstadt Tel Aviv gereist, um sich für eine diplomatische Lösung in der Krise einzusetzen. Die Hauptsorge der Bundesaußenministerin: Die Eskalation dürfe sich nicht zu einem "Flächenbrand" im Nahen Osten ausweiten. Zugleich wolle sie sich dafür einsetzen, dass die Geiseln in den Händen der militant-islamistischen Hamas freikommen. Unter ihnen sollen auch acht Deutsche sein.
Deutschland wolle mithilfe intensiver Gespräche mit zahlreichen Partnern und Akteuren versuchen, zu verhindern, "dass die Region ins Chaos" stürzt, sagte die Grünen-Politikerin. Zuvor hatte sie zunächst mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen über die Lage beraten und war anschließend zu Gesprächen mit dem israelischen Oppositionspolitiker Benny Gantz zusammengekommen.
Nach den Treffen betonte Baerbock abermals, dass Deutschland "fest an der Seite Israels" stehe, welches die Pflicht habe, die eigenen Bürger im Rahmen des internationalen Rechts zu schützen. "Der Terror der Hamas muss bekämpft werden, sonst wird es keinen Frieden geben und keine Sicherheit - weder für Israel noch für die Palästinenser", so Baerbock.
Krisengespräche im Libanon
Die Bemühungen der Bundesaußenministerin, einer möglichen Ausweitung der Krise entgegenzuwirken, folgen einem straffen Zeitplan. Vor den Treffen in Israel standen bereits am Donnerstag Gespräche in Jordanien an. Und noch am Nachmittag führte Baerbocks Reise weiter in die libanesische Hauptstadt Beirut.
Hier traf Baerbock zum einen den geschäftsführenden Außenminister Abdallah Bou Habib. Zum anderen will sie Gespräche mit dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten des Landes, Najib Mikati, sowie mit dem Oberbefehlshaber der libanesischen Streitkräfte, Joseph Aoun, führen.
Die Grünen-Politikerin hofft, die Führung im Libanon dazu bewegen zu können, Einfluss auf die radikalislamische Hisbollah-Miliz zu nehmen. Diese hatte die Angriffe der militant-islamistischen Hamas auf Israel offen befürwortet. In den vergangenen Tagen hatte es an der Grenze zum Libanon wiederholt Raketenbeschuss zwischen Israel und der Hisbollah gegeben.
Warnende Worte an Hisbollah und schiitische Milizen
Vor ihrer Abreise aus Tel Aviv hatte Baerbock klare Worte in Richtung Hisbollah gesandt: Die Miliz dürfe nicht den gesamten Libanon in den Konflikt hineinziehen. Doch die warnenden Worte der Ministerin richteten sich auch an andere Akteure, bei denen die Sorge besteht, sie könnten die Eskalation weiter verschärfen. "Ich warne Iran, ich warne schiitische Milizen in Irak, ich warne die Huthi im Jemen davor, zu zündeln und aufs Trittbrett des Terrors zu springen", mahnte Baerbock.
Am Donnerstag hatte ein Zerstörer der US-Marine Angaben des Verteidigungsministeriums in Washington D.C. zufolge im nördlichen Roten Meer drei Marschflugkörper und mehrere Drohnen abgeschossen. Diese sollen demnach von Huthi-Rebellen abgefeuert worden sein. "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, worauf diese Raketen und Drohnen abzielten, aber sie wurden vom Jemen aus in Richtung Norden über das Rote Meer abgeschossen, möglicherweise auf Ziele in Israel", reagierte Ministeriumssprecher Patrick Ryder auf den Vorfall.
Am Samstag zum Friedensgipfel in Ägypten
Entgegen ursprünglichen Plänen wird Baerbock ihren Aufenthalt im Nahen Osten verlängern, um am Samstag an einem Friedensgipfel in Ägypten teilzunehmen. Laut ägyptischen Medien werden unter anderem Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi, UN-Generalsekretär António Guterres, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Jordaniens König Abdullah II. sowie der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, bei dem Treffen erwartet. Israel ist nach eigenen Angaben nicht eingeladen und nimmt auch nicht teil.
Beim Gipfel in der ägyptischen Hauptstadt werde es darum gehen, wie die "zivile Katastrophe" abgewendet werden könne und aufzuzeigen, "dass der Terrorismus niemandem in dieser Region nützt", sagte Baerbock. Damit bezog sie sich auch auf die katastrophale Lage für die Bevölkerung im Gazastreifen. Die Lieferung humanitärer Hilfsgüter kann voraussichtlich am Wochenende beginnen.
Baerbock betonte, den Menschen dort fehle es an allen. Die Verantwortung dafür trage die Hamas durch die begangenen Gräueltaten. Die Abriegelung des Gazastreifens und dass damit verbundene Leid drohe "Nährboden für neuen Terrorismus" zu schaffen und darüber hinaus "jegliche bisher erreichten Annäherungsschritte mit den arabischen Nachbarn" in Gefahr zu bringen. Das sei "das Kalkül der Terroristen" warnte Baerbock mit Bezug auf die Hamas-Miliz.