Atomkommission legt Empfehlungen vor Ein vernünftiger Ausgleich - aber wie?
Ihre Aufgabe: Ein Konzept vorlegen, wie der Atomausstieg zu finanzieren ist. Und so die unterschiedlichen Interessen von Staat und Konzernen auf einen Nenner bringen. Ist das der Atomkommission gelungen? Heute will sie ihren Plan vorlegen.
Bis zum Schluss wird noch hektisch telefoniert. Klappt es heute mit dem Atomdeal? Mit dem Plan, die Kosten und Risiken des Atomausstiegs gerecht zu verteilen? Seit vergangenem Herbst lotet die sogenannte Atomkommission der Bundesregierung dies aus.
Einer der drei Chefs, Jürgen Trittin von den Grünen, umschreibt das Ziel so: Es müsse einerseits im Interesse von Staat und Gesellschaft versucht werden, die Rückstellung für die Entsorgung des gefährlichsten Mülls der Welt besser zu sichern. Zugleich gehe es um das Interesse der Unternehmer, nicht länger langfristige und schwer kalkulierbare Risiken zu tragen. "Das muss man zu einem vernünftigen Ausgleich bringen", sagt Trittin.
"Die Energieversorger zu ihrem Glück nötigen"
Was aber ist ein vernünftiger Ausgleich? Daran scheint sich die Kommission die Zähne auszubeißen. Die schwächelnden Stromkonzerne wollen möglichst viele ihrer Verpflichtungen beim Atomausstieg loswerden. Der Staat, und damit der Steuerzahler, will möglichst wenig davon übernehmen. Bis zuletzt seien die Fronten verhärtet gewesen, beschreibt Trittin: "Zum Teil mussten wir die Energieversorger zu ihrem Glück nötigen."
Konkret liegt jetzt folgender Plan auf dem Tisch: Die Stromkonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW kommen für die Stilllegung und den Abriss der Meiler auf. Sie müssten den strahlenden Müll dann noch gut verpacken. Für Zwischen- und Endlagerung wäre der Staat zuständig.
Streitpunkt Fonds
Dafür gibt es einen Fonds, in den die Unternehmen wiederum etwas einzahlen, plus Risikoaufschlag. Und genau um diesen wird bis zuletzt heftig gerungen. Für Trittin ist ganz klar: "Der Staat kann nur Risiken übernehmen, die angemessen abgebildet sind. Denn es muss auch unter solchen Bedingungen das Verursacherprinzip gelten."
Sprich: Die Konzerne, die lange Jahre viel Geld mit dem Atom gemacht haben, können sich jetzt nicht drücken. Anfang der Woche waren letzte Gespräche jedoch gescheitert. Zwar gibt es auch positive Signale. E.ON-Chef Jürgen Theyssen erklärte vor Investoren, er wolle weiter eine einvernehmliche Lösung.
Warnungen vor Platzen des Deals
Umso mehr warnt Trittin die Konzerne davor, den Deal nun platzen zu lassen. Auch SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch hält zu viele Zugeständnisse für falsch: "Insofern darf es keinen billigen Ablasshandel geben. Aber es gibt auch Probleme, die man lösen muss. Es bringt nichts, auf dem Papier einen Anspruch zu haben und am Ende stehen alle leer da."
Mit anderen Worten: Nur Unternehmen, die nicht pleitegehen, können noch für ihre Verpflichtungen bei den Atomfolgekosten gerade stehen. Und was passiert, wenn die Verhandlungen platzen und die Atomkommission keine gemeinsame Empfehlung vorlegen kann?
Das ist die schlechteste Lösung für die Unternehmen, ist Trittin überzeugt: "Dann wird der jetzige Zustand so weitergehen. Die Unternehmen werden versuchen, sich aus der Haftung davonzustehlen."
"Bittere Konsequenzen"
Auf der anderen Seite würden die Unternehmen in den Bewertungen durch die Ratingagenturen "wahrscheinlich bittere Konsequenzen zu erwarten haben. Und das ist der Grund, warum alle Analysten, die ich kenne, sagen: 'Das schlimmste Ergebnis, das den Unternehmen passieren kann, ist, wenn es kein Ergebnis gibt.'"
Wie dann die Politik entscheidet, ohne eine einhellige Empfehlung der Kommission, ist offen. Genauso wie der Punkt: Klagen gegen den Atomausstieg? Die Konzerne hatten zahlreiche Gerichtsverfahren gegen die Bundesregierung angestrengt, wegen des schnellen Atomausstiegs nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011.
Bei einer Einigung jetzt müssten diese zurückgezogen werden, hatte die Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl gefordert. Platzt jedoch der Deal, bleiben wohl auch die Klagen.