Urteil des OLG Köln Klage gegen tagesschau-App abgewiesen
Anders als die erste Instanz hat das Oberlandesgericht Köln die Klage der Zeitungsverleger gegen die tagesschau-App abgewiesen. Diese sehen in dem Angebot für mobile Geräte unfaire Konkurrenz und kündigten Revision an.
Wozu etwas prüfen, wenn bereits andere das ausgiebig getan haben - und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass alles mit rechten Dingen zugeht? So lässt sich die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln zur tagesschau-App zusammenfassen.
Wie die Sprecherin des Oberlandesgerichts, Stefanie Rütz, erklärte, sei der Senat der Auffassung, dass die tagesschau-App inhaltlich dem Angebot unter tagesschau.de entspreche, das von der Rundfunkaufsicht genehmigt worden sei. "Und: Der Senat war der Auffassung, dass er aufgrund dieser bestandskräftigen Genehmigung jetzt die selben Fragen nicht noch einmal aufrollen darf."
Drei-Stufen-Test nach Ansicht des Gerichts ausreichend
Die Fragen hatte 2010 der NDR-Rundfunkrat beantwortet und tagessschau.de sowie die mobile Verbreitung über die App durch den so genannten Drei-Stufen-Test geschickt. Dann gab das unabhängige Kontrollgremium dem Online-Angebot grünes Licht. Deshalb hat das Gericht bei seiner Entscheidung die tagesschau-App nicht aufgerufen und sich die blauen Seiten angeschaut wie es bereits mehr als sechseinhalb Millionen Nutzer machen.
Auch die von der Verlegern aufgeworfene Frage nach der Presseähnlichkeit der App sei nämlich bereits beantwortet worden, so das OLG. "Damit musste sich der Senat dann nicht mehr auseinander setzen, weil nach Auffassung des Senats diese Frage bereits von der Rundfunkaufsicht abschließend geprüft worden ist", begründete die Sprecherin des Oberlandesgerichts die Entscheidung.
Mit der Feststellung der Presseähnlichkeit an einem untersuchten Tag im Juni 2011 hatte die erste Instanz noch den Verlegern Recht gegeben. Die elf klagenden Verlage - darunter Schwergewichte wie Axel Springer, DuMont-Schauberg, der Verlag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der Süddeutsche Verlag - wollen jetzt eine Klärung vorm Bundesgerichtshof.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, Dietmar Wolff, kündigte an, in Revision zu gehen. Der Verband wolle vor dem Bundesgerichtshof nach dieser Entscheidung in Köln die Frage stellen: "Ist es denn wirklich so, dass wir in Deutschland dann einen Wettbewerber haben - den öffentlich-rechtlichen Rundfunk - der sich nicht mehr wettbewerbsrechtlich von den Wettbewerbsgerichten kontrollieren lässt?"
Verleger kämpfen gegen Konkurrenz
Die klagenden Verleger sehen in der App, die vom Rundfunkbeitrag finanziert wird, eine unlautere Konkurrenz der eigenen Angebote. Die App der tagesschau sei eine verbotene Online-Zeitung und mache den Verkauf der Online-Angebote der Verlage schwer. Die ARD sieht das grundsätzlich anders. Und so stehen sich ARD und Verleger auch nach der Entscheidung in zweiter Instanz in dieser Frage streitbar gegenüber. Der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor möchte den Graben gern überwinden: "Wichtig ist mir, dass wir jetzt mit den Verlegern nicht in irgendeine Konfrontation gehen, sondern nach wie vor Koooperationen anbieten."
Dietmar Wolff von den Zeitungsverlegern hört die Signale, ist aber nicht so recht empfänglich für das Angebot: Ihm zufolge haben die Kooperationen nichts mit der eigentlich anstehenden Frage der Presseähnlichkeit und den wettbewerbsrechtlichen Fragen zu tun. "Das sind zwei Dinge, die klar voneinander getrennt werden müssen." So werden die Verleger mit kalter Schulter gegenüber der ARD nach Karlsruhe gehen - ein Weg, den das Oberlandesgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Themas ausdrücklich zugelassen hat.
Schwerpunkt auf Videos genügt Verlegern nicht
An der Distanz zwischen den streitenden Parteien hat die mehrfache Überarbeitung der tagesschau-App seit 2010 offenbar nicht viel verändert. Dem ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor zufolge gibt es nun deutlich mehr Videos: "Die Anmutung ist auch stärker auf das gerichtet, was wir ja am besten können, nämlich Videos und Audios."
Dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger reicht das nicht: Aus seiner Sicht habe es keine inhaltlichen Veränderungen gegeben, die jetzt Anlass dazu geben, das Angebot als nicht mehr presseähnlich einzuordnen, sagte Dietmar Wolff.
Der Text in der App ist nach seiner Auffassung noch immer zu lang. So kommen Verlage und ARD auch auf diesem Weg derzeit nicht zueinander und sehen sich wohl bald vor dem Bundesgerichtshof wieder.