Amoklauf in Heidelberg "Wir werden sein Umfeld durchleuchten"
Eine 23-jährige starb, drei Kommilitonen wurden verletzt - nach dem Angriff an der Uni Heidelberg sind die Hintergründe weiter unklar. Fragen gibt es auch zu den Waffen des Täters sowie den 100 Schuss Munition, die er bei sich hatte.
Nach dem Amoklauf an der Heidelberger Universität mit zwei Toten und drei Verletzten setzen die Ermittler ihre Arbeit fort. Offene Fragen gibt es unter anderem zum Motiv des Täters und seinem Zugang zu den Waffen. Diese soll der 18-Jährige vor wenigen Tagen im Ausland gekauft haben, sagte Mannheims Polizeipräsident Siegfried Kollmar. Es gebe Kaufbelege.
Zu klären sei nun, wer jemandem ohne Waffenbesitzkarte eine Waffe verkaufe, so Kollmar. Bei der Tatwaffe habe es sich um eine Schrotflinte gehandelt. Um den Verkäufer nicht vorzuwarnen, nannten die Ermittler das Land, in dem die Waffen gekauft wurden, nicht.
Der 18 Jahre alte Täter sei bisher nicht polizeilich erfasst. Er war nicht vorbestraft und habe auch keinen Führerschein gehabt. "Das ist schon sehr außergewöhnlich, diese Sachlage", sagte der Polizeipräsident.
WhatsApp-Nachricht an den Vater
Die Ermittler gehen nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass der Deutsche - selbst Student - erst in einem Hörsaal der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg, in dem etwa 30 Studierende waren, mehrmals schoss und sich später vor dem Gebäude selbst richtete. Eine 19- und 20-jährige Frau sowie ein 20-jähriger Mann wurden durch die Schüsse leicht verletzt, eine 23-Jährige starb an den Folgen.
Nach Angaben der Polizei hatte der Mann unmittelbar zuvor eine WhatsApp-Nachricht an seinen Vater geschickt. Er habe geschrieben, "dass Leute jetzt bestraft werden müssen", sagte Kollmar. Details müssten noch verifiziert werden. "Wir werden sein Umfeld jetzt durchleuchten in den nächsten Tagen, mit Hochdruck."
Zwei Waffen mehr als 100 Schuss Munition
Der Leiter der Staatsanwaltschaft Heidelberg, Andreas Herrgen, sagte, über ein Motiv könne bislang nur spekuliert werden. Der Täter sei nicht vorbestraft gewesen. Die Ermittler müssten auch prüfen, ob sich andere strafrechtlich etwas haben zu Schulden kommen lassen.
Der Mann hatte neben den Kaufbelegen für zwei Waffen mehr als 100 Schuss Munition in einem Rucksack bei sich. "Er hätte auf alle Fälle Möglichkeiten gehabt, nachzuladen", sagte Polizeipräsident Kollmar. "Der Hörsaal war in Todesangst", niemand hätte den Angreifer auf die Schnelle überwältigen können. Warum der Mann die Tat nach drei Schüssen unterbrach, ist unklar.
Landesinnenminister verspricht schnelle Aufklärung
Sowohl die Stadt als auch die Uni selbst planen Trauerfeiern. Die Kirchen und Opferschutzverbände boten Hilfe an für die Verletzten, Angehörige und Zeugen der Tat. Der Opferbeauftragte der baden-württembergischen Landesregierung, Alexander Schwarz, äußerte seine tiefe Erschütterung und Anteilnahme.
Landesinnenminister Thomas Strobl warb dafür, die angebotene Hilfe auch anzunehmen. Studierende, die in dem Tutorium saßen, müssten das schreckliche Ereignis verarbeiten. Er hoffe sehr, dass sie "rasch an Leib und Seele genesen", sagte der CDU-Politiker. Zudem müssten Universitäten angstfreie Räume bleiben können, sagte Strobl.
Strobl versprach schnelle Aufklärung. Die Einsatzkräfte seien schnell am Tatort gewesen und hätten die zunächst unübersichtliche Lage mit der Uni-Leitung zusammen schnell klären können. "Nun ist die Zeit der Ermittler, denn für uns alle ist es wichtig, die Hintergründe für die schreckliche Tat so schnell als möglich aufzuklären."
"Schlimmeres konnte verhindert werden"
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer sagte, die Attacke habe sich an einem Ort ereignet, der für Offenheit und Begegnung stehe und Sicherheit bieten solle. Als solche Orte müssten Hochschulen geschützt werden. Die Betroffenen müssten nun "klarkommen mit etwas, mit dem schwer klarzukommen ist".
Die Gewerkschaft der Polizei lobte das schnelle Eintreffen der Einsatzkräfte. Seit dem Amoklauf von Winnenden im Jahr 2009 bilde die Polizei Baden-Württemberg ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter speziell für solche Ereignisse aus, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Thomas Mohr. Auch spezielle Amokausrüstung sei angeschafft worden. Das habe sich nun bewährt, so Mohr. "Schlimmeres konnte dadurch verhindert werden."