Mit Schusswaffen gegen Flüchtlinge? Frauen ja, Kinder nein
AfD-Vize von Storch fühlt sich missverstanden. Ein Facebook-Eintrag zum Schusswaffen-Einsatz gegen Flüchtlinge habe sich nicht auf Kinder bezogen, sondern nur auf Frauen. Diese seien im Gegensatz zu Kindern verständig - deshalb könne Waffengewalt gegen sie zulässig sein.
Eine klare Frage, eine eindeutige Antwort, und doch soll es nicht ganz so gemeint gewesen sein: In der Debatte um den Einsatz von Schusswaffen gegen Flüchtlinge ist AfD-Vize Beatrix von Storch zurückgerudert. In Berlin erklärte sie, dass sie den Einsatz von Waffen auch gegen Kinder nicht für zulässig halte.
Hintergrund der Einlassung war ein Facebook-Eintrag der Politikerin. Darin hatte sie auf Paragraph 11 des Gesetzes zur Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) verwiesen, das auch den Einsatz von Schusswaffen regelt. "Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer", schrieb sie. "Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen."
Auf die Nachfrage eines Users, ob sie "Frauen mit Kindern an der grünen Wiese den Zutritt mit Waffengewalt verhindern" wolle, hatte von Storch knapp mit "Ja" geantwortet. Später fügte sie ebenfalls auf ihrem Account eine Erklärung hinzu, wonach sie "grundsätzlich gegen Gewalt gegen Kinder" sei - das umfasse "auch den Einsatz von Schusswaffen gegen minderjährige Migranten durch die Polizei". Sie habe nur die Rechtslage referiert.
Waffeneinsatz nur gegen "Verständige"
Am frühen Abend erklärte von Storch, ihr "Ja" habe sich nur auf die Frauen bezogen, nicht aber auf Kinder. Gegen Kinder sei der Schusswaffeneinsatz "richtigerweise nicht zulässig". Frauen seien "anders als Kinder verständig", deshalb könne der Gebrauch von Waffen gegen sie "innerhalb der gesetzlich engen Grenzen" zulässig sein.
Doch die Anwendung des Gesetzes auf den Umgang mit Flüchtlingen, die zuvor von der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry ins Spiel gebracht worden war, trifft bei der Polizei auf deutlichen Widerspruch. Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek,sagte im MDR, ein Einsatz von Schutzwaffen gegen Flüchtlinge sei "gesetzlich nicht gedeckt". Waffen dürften "nur zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr eingesetzt werden. Die illegale Einreise von Flüchtlingen zählt nicht dazu."
Radek wies Petrys Äußerungen als "radikales und menschenverachtendes Gedankengut" zurück. Wer ein solches radikales Vorgehen vorschlage, wolle offenbar "den Rechtsstaat aushebeln und die Polizei instrumentalisieren. So etwas hatten wir schon einmal in der deutschen Geschichte, und das wollen wir nie wieder."
Arnd Henze aus dem ARD-Hauptstadtstudio sagte in den tagesthemen, solche Äußerungen und solches Gedankengut seien in der AfD nicht neu - neu sei lediglich, dass die Vorsitzende Petry in diesen Chor einstimmt: "Und die Äußerungen zeigen nun zum einen, wie weit die Partei tatsächlich nach rechts außen gerückt ist, zum anderen aber auch, wie militant manche Stimmungen am rechten Rand der Gesellschaft sind, dass so ein Tabubruch ins Kalkül einer Partei im Wahlkampf passt."
"Da geht es nicht nur um schräge Forderungen"
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. "Bei der AfD gibt es massive Zweifel, dass sie auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Republik steht", sagte Gabriel, der auch Vizekanzler ist, der Zeitung "Bild am Sonntag". "Da geht es nicht nur um schräge Forderungen wie die Petrys, dass alle Frauen mindestens drei Kinder bekommen sollen. Sondern die Dame will an der deutschen Grenze auf unbewaffnete Flüchtlinge schießen lassen."
AfD provoziert mit radikalen Forderungen
Petry hatte im Gespräch mit dem "Mannheimer Morgen" behauptet, der Gebrauch von Waffengewalt an der Grenze gegen Flüchtlinge sei im Gesetz vorgesehen. Auf die Frage, wie ein Grenzpolizist auf den illegalen Grenzübertritt eines Flüchtlings reagieren solle, sagte sie: "Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz." Weiter erklärte sie: "Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt."
Die AfD-Vorsitzende Petry hatte als Erste einen Einsatz von Schusswaffen angesprochen.
Von Storch hatte erst vor wenigen Tagen in der ARD-Sendung "Anne Will" für Aufsehen gesorgt. Dort äußerte sie die Vermutung, Bundeskanzlerin Angela Merkel werde wegen der massiven Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik womöglich bald zurücktreten und nach Chile auswandern.