Petry zur neuen Parteivorsitzenden gewählt AfD rückt nach rechts
Der Machtkampf in der AfD ist entschieden: Frauke Petry führt die Partei künftig alleine. Der bisherige Co-Vorsitzende Bernd Lucke zog sich nach der Niederlage auf dem Parteitag komplett aus dem Vorstand zurück. Er prüft nun weitere Konsequenzen.
Sichtlich erschöpft, nur mit einem schmalen Lächeln, ließ sich Frauke Petry von ihren Anhängern feiern. Die sächsische Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD hatte in der entscheidenden Abstimmung über den künftigen Parteivorsitz die Nase klar vorn. Knapp 60 Prozent der Mitglieder stimmten für die Vertreterin des nationalkonservativen Flügels. Für den Wirtschaftsliberalen Bernd Lucke votierten rund 38 Prozent.
Damit ist die AfD ein Stück weiter nach rechts gerückt. Für Luckes Weckruf und dessen Mitglieder wird es nun unter der neuen Parteichefin wohl schwierig. Denn Petry kündigte nach ihrer Wahl an, "dass es eine Art von Vereinigung wie den Weckruf, der einen Parteiverein innerhalb der eigenen Partei darstellt, zukünftig nicht mehr geben darf."
Bei ihrer Vorstellung hatte Petry dagegen versöhnlichere Töne angeschlagen und das in der Partei so schmerzhaft vermisste Wir-Gefühl beschworen: "Ich möchte ein Team aus wirtschaftsliberalen, liberalen und konservativen Köpfen formen, ein Team, das konstruktiv zu arbeiten bereit ist."
Petrys Co-Vorsitzender Bernd Lucke hatte auf eine Vorstellung verzichtet, für die allen Kandidaten zwei Minuten zugestanden waren. Ein paar Stunden zuvor allerdings hatte er seine Redezeit mehr als reichlich ausgeschöpft und versucht, bei den rund 3500 versammelten AfD-Mitgliedern für einen Kurs der Mitte zu werben.
Aufgrund der neuen Satzung wählte der AfD-Parteitag in Essen am 4. Juli 2015 an die Stelle der bisherigen drei gleichberechtigten Sprecher des Bundesvorstands - Bernd Lucke, Frauke Petry und Konrad Adam - eine neue Spitze mit nur noch zwei Bundessprechern. Dabei setzte sich Petry im ersten Wahlgang mit 59,7 Prozent der Stimmen gegen Lucke durch, der 38,1 Prozent erreichte.
Als erstgewählte Bundessprecherin wird Petry laut Satzung nach der geplanten Verabschiedung des Parteiprogramms automatisch im Dezember 2015 zur alleinigen Bundessprecherin, also zur alleinigen Parteichefin. Auf dem Essener Parteitag wurde Jörg Meuthen in einem separaten Wahlgang zum zweiten AfD-Bundessprecher gewählt - Ende des Jahres rückt er laut Satzung dann aber aus diesem vorläufigen Amt automatisch in die Position eines von vier Stellvertretern Petrys.
Der Wirtschaftsprofessor warnte in seiner Rede vor populistischen Strömungen: "Dass wir eine PEGIDA-Partei seien, das haben wir nie irgendwo beschlossen." Für seinen Appell, Muslime nicht pauschal auszugrenzen, und auch das Leid der Flüchtlinge aus dem syrischen Bürgerkrieg nicht aus den Augen zu verlieren, erntete Lucke nicht nur Applaus. Angesichts der vielen Buhrufe sah sich sogar das Tagungspräsidium zum Einschreiten gezwungen: "Meine Damen und Herren: Ich sage es Ihnen jetzt nochmal in aller Schärfe: So geht es nicht. Es gehört zu einem vernünftigen Umgang miteinander, dass Sie sich die Worte eines jeden anderen anhören. Sie müssen sie ja später nicht mit Applaus honorieren."
Mehr als eine halbe Stunde redete Lucke - für viele im Publikum eindeutig zu lang bei gefühlten 35 Grad in der Grugahalle. Die überwiegend älteren AfD-Mitglieder litten sichtlich unter der Hitze, fächelten sich mit ihren Stimmkarten Luft zu.
Lucke zumindest äußerlich gefasst
Luckes Rivalin Petry beschränkte sich auf rund 20 Minuten Redezeit und bewies auch damit, dass sie besser als ihr Noch-Co-Vorsitzender die Stimmung der Mitglieder erspüren kann. Der abgewählte Parteichef wirkte nach seiner Niederlage äußerlich gefasst, aber innerlich tief getroffen: "Ich bin schon von der Stimmung im Saal heute hier enttäuscht. Das entspricht nicht meinem politischen Denken, was ich hier erlebt habe. Das war aggressiv, teilweise pöbelnd", so Lucke.
Viele Lucke-Anhänger verließen nach der Verkündung des Wahlergebnisses enttäuscht die Halle. Einige denken bereits über einen Austritt aus der AfD nach: "Die Entscheidung fälle ich nächste Woche, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich mein weiteres Parlamentsleben parteilos weiterführen werde", sagt einer. Und ein anderer: "Die AfD ist am Ende. Meine Abmeldung habe ich schon geschrieben."
Lucke, der nach seiner Niederlage gegen Petry erklärte, dass er für ein anderes Amt im Vorstand nicht zur Verfügung stehe, will nun in Ruhe über seine Zukunft nachdenken. Mit den anderen Weckruf-Mitgliedern will er in den nächsten Tagen über Konsequenzen aus der Wahlniederlage beraten.