Drohungen wegen Armenien-Resolution Abgeordnete unter Polizeischutz

Stand: 12.06.2016 11:24 Uhr

Die Anfeindungen sind massiv. Seitdem sie für die Armenien-Resolution stimmten, erhalten türkischstämmige Bundestagsabgeordnete handfeste Drohungen - sie reichen bis zum Mord. Die Sicherheitsbehörden haben darauf nun reagiert. Die Abgeordneten stehen unter Polizeischutz.

Nach Morddrohungen wegen der Armenien-Resolution erhalten die elf türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten verstärkten Polizeischutz. Dies sei bei einer Sitzung von Abgeordneten mit Vertretern der Berliner Polizei, der Polizei des Bundestages und des Bundeskriminalamts vereinbart worden, berichtete eine betroffene Parlamentarierin der Nachrichtenagentur AFP.

Sie bestätigte damit eine Meldung der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Die Abgeordnete, deren Namen nicht genannt wurde, sagte weiter, sie selbst sei seit Samstag bei öffentlichen Terminen in ihrem Wahlkreis mit Personenschutz unterwegs. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die Bedrohungen als inakzeptabel. Wenn erforderlich, würden die Sicherheitsmaßnahmen "selbstverständlich" angepasst, sagte er der Zeitung.

Der Bundestag hatte Anfang Juni den Mord an 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord eingestuft. Weil die elf türkischstämmigen Parlamentarier von CDU, SPD, Grünen und Linken der Resolution zugestimmt hatten, erhielten sie massive Drohungen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf ihnen vor, ihr Blut sei "verdorben" und bezeichnete sie als "Sprachrohr" der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK.

Angriff auf ein Verfassungsorgan

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir war wegen Morddrohungen bereits in der vergangenen Woche unter Polizeischutz gestellt worden. Der FAS berichtete er, er lese "Sachen wie: Irgendwann werden Deine deutschen Freunde das vergessen haben - wir nicht. Oder: Wir finden Dich überall." Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu erklärte: "Wir sind absolut unter Beschuss. Hier wird ein Verfassungsorgan, der Bundestag, angegriffen und wir als Terroristen dargestellt."

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, rief die türkischen Verbände in Deutschland auf, klar Stellung gegen die Hetze gegen türkischstämmige Bundestagsabgeordnete zu beziehen. Sie erwarte von den Verbänden," dass sie die Drohungen gegen uns Abgeordnete deutlich verurteilen und zu einer Versachlichung der Debatte beitragen", sagte die SPD-Politikerin der "Bild am Sonntag".

Zuvor hatte das Auswärtige Amt türkischstämmigen Abgeordneten von Reisen in die Türkei abgeraten. Ihre Sicherheit könne dort nicht garantiert werden, berichtete der "Spiegel".