Wahlen in Russland Durchorganisiert zum Sieg
Die Zustimmung für Präsident Putin war ohnehin bereits hoch. Dennoch wurde bei der Wahl nichts dem Zufall überlassen. Auch Manipulationen soll es gegeben haben.
Sechs weitere Jahre für Wladimir Putin: Die Präsidentschaftswahl hat dem Amtsinhaber die gewünschte Legitimität verschafft. Schon die offiziellen Umfrageergebnisse im Vorfeld hatten nichts anderes erwarten lassen. Zudem wurde auf mehreren Ebenen daran gearbeitet, dass die Wahl nichts am Machtgefüge ändern würde.
In vielen Wahllokalen gab es Lebensmittel oder auch Unterwäsche zu vergünstigten Preisen zu kaufen. Mit Musik und Tanzeinlagen vor und in den Wahllokalen wurde aus dem politischen Akt ein geselliges Ereignis. Die regierungsnahen und staatlichen Medien hatten die Wähler darauf eingeschworen, mit ihrer Stimme für Putin die Stabilität und damit die Zukunft des Landes zu sichern.
Andrang an einem Buffet-Stand in einem Wahllokal in Kazan.
Mit dieser Überzeugungsarbeit war es aber nicht getan. Auch Druck kam zum Einsatz. Mitarbeiter öffentlicher Institutionen und staatlicher Betriebe wurden angehalten, zur Wahl zu gehen und ihr Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. Soldaten und Studenten wurden in Bussen zu den Wahllokalen gebracht und stimmten gemeinsam ab.
Videos sollen Manipulationen zeigen
Auf zahlreichen Videos, die im Netz kursieren, sind Wahlhelfer oder auch Wähler zu sehen, die mehrere Stimmzettel in Urnen werfen.
Die zentrale Wahlkommission selbst wies auf mutmaßliche Manipulationen hin und stellte Bilder einer Überwachungskamera aus einem Wahllokal bei Moskau zur Verfügung, auf denen Wahlhelfer Stimmzettel in die Urne stopfen. Das Innenministerium in Moskau berichtete, ihm seien 650 Fälle gemeldet worden.
Die unabhängige Wahlbeobachtungsorganisation Golos meldete bis zum Abend mehr als 2700 Manipulationsversuche, die auf einer Karte im Internet verzeichnet sind. Allerdings registrierte Golos am Wahltag weniger Verstöße als bei der Präsidentschaftswahl 2012. Damals hatte die Organisation mehr als 5000 Manipulationsversuche festgestellt.
Druck auf Wahlbeobachter
Jedoch stand die Organisation wie auch andere vom Staat unabhängige Wahlbeobachter massiv unter Druck. Dieser Druck habe extreme Ausmaße angenommen, "die das noch übersteigen, was wir in den letzten Jahren beobachtet haben", sagt Stefanie Schiffer, die die "Europäische Plattform für demokratische Wahlen" (EPDE) leitet.
Sie verweist darauf, dass Golos seit 2012 als "ausländischer Agent" registriert ist. Seit 2015 verbiete es eine Änderung im russischen Wahlgesetz "ausländischen Agenten", als Beobachter in die Wahllokale zu gehen. Golos-Mitglieder seien bereits Wochen vor den Wahlen bei Auslandsreisen festgehalten und überprüft worden. Ein regionaler Koordinator sei vor der Wahl festgenommen worden.
Golos ist neben anderen unabhängigen Beobachterorganisationen aus europäischen Staaten Mitglied der Plattform EPDE, die finanziell von der EU und dem Auswärtigen Amt in Berlin unterstützt wird.
Wenige Tage vor der Wahl wurde EPDE als erste deutsche Organisation zur "unerwünschten Organisation" erklärt. Diese dürfen in Russland nicht mehr aktiv sein und nicht mehr mit russischen Bürgern oder Institutionen kooperieren. Schiffer sieht darin einen Versuch, die russische Zivilgesellschaft von denen in anderen europäischen Staaten zu isolieren.
Staatlich geförderte Wahlbeobachtung
Golos hatte Anfang März in einem Bericht beschrieben, wie Studenten- und Veteranenorganisationen, Gewerkschaften und Freiwillige motiviert wurden, als Wahlbeobachter aktiv zu werden und dass sie dafür finanzielle und andere Unterstützung vom Staat erhielten. Golos beschrieb mit diesem und anderen Beispielen, wie die Führung Russlands den politischen Prozess durchorganisiert und dabei unabhängige Akteure aus der Öffentlichkeit verdrängt.
Ähnliches lässt sich für internationale Wahlbeobachter sagen. So lud der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Parlament, der nationalistische Abgeordnete Leonid Sluzki, Politiker unter anderem aus Österreich, Frankreich und Italien ein, die Präsidentschaftswahl in Russland und insbesondere auf der annektierten Krim zu beobachten.
Aus Deutschland reisten unter anderem AfD-Politiker nach Russland, unter ihnen der Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier, früher Sprecher von Frauke Petry, später von Alice Weidel. Auf Twitter schrieb er: "Wir machen uns ein Bild davon, dass alles fair und demokratisch abläuft, und sind vor Ort."
Im Vorfeld der Wahl hatte es eine Veranstaltung der staatlich finanzierten Stiftung "Russki Mir" gegeben, bei der als Ziel ausgegeben worden war, Russland als das demokratischste Land der Welt darzustellen.
Umgekehrt hatte die "Kommission des Föderationsrates zum Schutze der staatlichen Souveränität Russlands" behauptet, der Westen wolle die Wahl als undemokratisch darstellen und damit die Autorität der russischen Macht unterminieren. So lässt sich jede Kritik zum Beispiel der Wahlbeobachterorganisation der OSZE, die ein professionelles und umfangreiches Wahlmonitoring durchführt, als Verunglimpfung Putins darstellen.
OSZE kritisiert mangelnden Wettbewerb
Die OSZE teilte in einer ersten Stellungnahme zu der Wahl mit, es habe keine echte Alternative zu Putin gegeben. "Eine Auswahl ohne echten Wettbewerb ist leider keine echte Auswahl", sagte Michael Georg Link, Leiter der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die Wahl sei aber "in der Gesamtheit in geordneter Weise" abgelaufen.
Allerdings habe es massiven Druck auf die Bevölkerung gegeben. Es seien außerdem Fälle von Mehrfachabstimmung registriert worden, sagte Jan Petersen von der OSZE. Die Organisation kritisierte zudem Mängel bei der Transparenz der Wahl und bei der Wahrung des Wahlgeheimnisses.