Thüringen Kein Wahlbetrug mit ungültigen Stimmen
Wurden bei der Kommunalwahl in Thüringen Tausende Stimmzettel ungültig gemacht, um das Ergebnis zu fälschen? Dazu gibt es eine Debatte im Netz - befeuert auch von der WerteUnion. Doch die Vorwürfe sind haltlos.
Immer wieder warnen vor allem Rechtspopulisten vor Wahlbetrug. Nach den Kommunalwahlen in Thüringen ist das nicht anders. "Soviel doofe Wähler, die nicht gewusst haben wollen, wie man ein simples Kreuz macht, kann es nicht geben. Scheint aber ein 'legales' Mittel zu sein, um hier und da etwas zu optimieren" schreibt ein User auf der Plattform X.
"Herr im Himmel - was für ein Sumpf", kommentiert Albert H. Weiler, Landesvorsitzender der WerteUnion. "Waren denn keine Wahlbeobachter bei den Auszählungen?", hakt Frauke Petry, ehemalige AfD-Politikerin, nach. Der konkrete Vorwurf lautet, dass Tausende Stimmzettel ungültig gemacht worden seien, um AfD und WerteUnion zu schwächen.
"Diese Zahlen sind ein dicker Hund", kommentierte Weiler, Landesvorsitzender WerteUnion, bei X.
Höherer Anteil an ungültigen Stimmen als üblich
Fakt ist, dass es in vielen Wahlbezirken einen höheren Anteil an ungültigen Stimmen gab als normalerweise bei Wahlen üblich. Für die Einordnung ist aber wichtig, dass diese verstärkt ungültigen Stimmen nur bei einem kleinen Teil der Kommunalwahlen auftraten - nämlich bei den Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeisterwahlen.
In der Stadt Erfurt zum Beispiel gibt es 36.243 gültige Stimmen und 6834 ungültige Stimmen. Der Anteil der ungültigen Stimmen liegt also bei dieser Wahl bei knapp 16 Prozent. Diese Erfurter Zahlen werden besonders oft im Netz als Argument für Wahlbetrug genannt.
Kompliziertes Ausfüllen des Wahlzettels
Landeswahlleiter Holger Poppenhäger betont: "Die Wahlen sind vorbildlich und ohne größere Vorkommnisse gelaufen." Für die Auffälligkeit bei den Wahlen zu den Ortsteilbürgermeistern hat er eine Erklärung: "In 736 Ortsteilen stand nur jeweils ein Wahlvorschlag auf dem Wahlzettel. Es gab keine Möglichkeit mit 'Nein' zu stimmen."
Damit die Stimme gültig ist, müssen die Wählenden entweder hinter dem Namen ein Kreuz machen oder den Namen durchstreichen und einen eigenen Kandidatenvorschlag auf den Wahlzettel schreiben. "Die Erfahrung zeigt, dass es kaum vorkommt, dass Menschen den Wahlzettel aktiv durchstreichen. Sie geben ihn unausgefüllt zurück. Damit ist die Stimme dann aber ungültig", erläutert Poppenhäger.
Das Recht, auf dem Wahlzettel einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin hinzuzufügen, gibt es unter anderem bei den Thüringer Kommunalwahlen. Das nennt sich "Wahl ohne Bindung an einen Wahlvorschlag" - Bedingung ist, dass entweder kein oder nur ein Kandidat auf dem Wahlzettel steht.
Muster für Stimmzettel zur Bürgermeister- und Ortsbürgermeisterwahl in Thüringen
Kein Kandidat der AfD in Erfurt
Erschwerend kam bei den Kommunalwahlen hinzu, dass die Wählerinnen und Wähler mehrere Stimmzettel auszufüllen hatten. In Apolda, das zum Landkreis Weimarer Land gehört, wurden beispielsweise Kreistagsmitglieder, der Landrat, der Stadtrat, der Bürgermeister und teils zusätzlich Ortsteil-Bürgermeister gewählt.
In Summe waren das also vier bis fünf Stimmzettel - alle unterschiedlich lang mit verschiedenen Ankreuz- und Ausfüllmöglichkeiten. Das erhöht die Chance, dass Wahlzettel unfreiwillig falsch ausgefüllt und somit ungültig gemacht werden.
Warum im Netz ausgerechnet die Zahlen der Stadt Erfurt herangezogen wurden, um eine Benachteiligung der AfD zu unterstellen, bleibt offen. Dort war nämlich von vornherein keine Kandidatin und kein Kandidat mit AfD-Zugehörigkeit zur Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeisterwahl angetreten - und somit auch nicht wählbar.