Israels Raketenabwehr fängt Geschosse ab
faktenfinder

Iranischer Angriff auf Israel Alte Bilder und Falschbehauptungen

Stand: 02.10.2024 10:53 Uhr

Im Zusammenhang mit dem iranischen Angriff auf Israel werden im Netz alte Videos verbreitet, die in Moskau und China aufgenommen wurden. Auch über den israelischen Premier Netanyahu kursieren Falschbehauptungen.

Von Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder

Sirenen heulen, im Hintergrund brennt ein großes Hochhaus lichterloh: Ein kurzes Video, das unter anderem bei YouTube und bei Instagram hochgeladen wurde, soll angeblich die Folgen des iranischen Raketenangriffs auf Israel zeigen. Doch das stimmt nicht.

Wie eine Bilderrückwärtssuche zeigt, wurde das Video ursprünglich in der chinesischen Metropole Changsha aufgenommen. Dort hatte im September 2022 ein Wolkenkratzer gebrannt, auch deutsche Medien berichteten darüber. Die Sirenen und auch eine Stimme, die in dem eingangs erwähnten Video zu hören sind, ist nicht von der Originaltonspur. Sie wurde offenbar bewusst ausgetauscht, damit der Anschein, dass dieses Video aus Israel stammen soll, bestärkt werden soll.

Screenshot YouTube

Explosion in Moskau und nicht Tel Aviv

Das brennende Hochhaus in China ist nicht das einzige Beispiel für Fakes im Netz nach dem Angriff des Irans. Wie so oft nach einem solchen Ereignis, verbreiten viele User in den sozialen Netzwerken aus dem Zusammenhang gerissene Bilder und Videos, die nichts mit dem Ereignis zu tun haben.

So wurde ein weiteres Video massiv geteilt, das angeblich Raketeneinschläge in der israelischen Stadt Tel Aviv zeigen soll. Zu sehen ist die Skyline einer Stadt von der Straße aus gefilmt, dann folgt eine laute Explosion und eines der Hochhäuser steht in Brand. Auch hier ist mit einer einfachen Rückwärtssuche mithilfe eines Screenshots aus dem Video schnell herauszufinden, woher das Video ursprünglich stammt.

So stößt man dabei unter anderem auf ein Video des britischen Senders BBC, das dieselbe Explosion zeigt. Allerdings wurde das Video nicht in Tel Aviv aufgenommen, sondern in der russischen Hauptstadt Moskau. Es stammt aus dem Juli vergangenen Jahres, als dem Bericht zufolge drei ukrainische Drohnen über Moskau abgeschossen wurden, wovon zwei auf Bürogebäude abstürzten. Aufgenommen wurde die Explosion demnach von Zeugen in der Nähe.

Screenshot X

Netanyahu rennt nicht zum Bunker

In einem weiteren Video ist der israelische Premier Benjamin Netanyahu zu sehen, wie er von hinten gefilmt durch ein Gebäude rennt. In dem Text zu den Postings heißt es, das Video zeige Netanyahu, wie er panisch zu einem Bunker renne. Doch auch das ist falsch.

In Wahrheit wurde dieses Video von Netanyahu vor knapp drei Jahren aufgenommen - in der längeren Version sieht man ihn auch mit einem Mund-Nasen-Schutz, was zumindest ein Indiz dafür ist, dass dieses Video vermutlich während der Corona-Pandemie entstanden ist.

Auf einer israelischen Nachrichtenseite wurde dieses Video im Dezember 2021 verbreitet. Dort heißt es, dass Netanyahu durch das israelische Parlament gelaufen sei, um zu einer Abstimmung zu gelangen.

Falsche Übersetzung von Netanyahu-Rede

In einem weiteren Video, das wenige Stunden nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel verbreitet wurde, ist Netanyahu bei einer Pressekonferenz zu sehen. Zu hören ist dabei eine englische Stimme, die offenbar seine Worte übersetzt. Dabei sagt diese Stimme: "Ich möchte den sechs Millionen Menschen, die bei dem grausamen Terroranschlag in Jaffa ermordet wurden, mein Beileid aussprechen."

Netanyahu bezieht sich dabei auf einen mutmaßlichen Anschlag in Jaffa, einem Viertel von Tel Aviv, bei dem am Dienstag nach Angaben der Polizei mindestens sechs Menschen getötet und zwölf weitere verletzt wurden.

Das Video wird zusammen mit antisemitischen Verschwörungserzählungen verbreitet, da von Holocaust-Leugnern auch die sechs Millionen getöteten Juden während des Nationalsozialismus immer wieder infrage gestellt wird - obwohl diese Zahl wissenschaftlich gut gesichert ist.

Wie der israelische Desinformationsexperte Tal Hagin auf der Plattform X schreibt, wurde Netanyahu jedoch falsch übersetzt. So sagte er nicht, dass sechs Millionen Menschen bei dem Terroranschlag getötet worden seien, sondern: "Ich spreche den Familien der Opfer des abscheulichen Terroranschlags in Jaffa mein Beileid aus."