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Corona-Maßnahmen Feindbild Söder

Stand: 08.02.2021 15:53 Uhr

Bislang war Kanzlerin Merkel ein zentrales Feindbild von Corona-Leugnern und Rechtsradikalen. Doch zunehmend rückt CSU-Chef Söder in den Fokus. Hetze und Drohungen erinnern dabei an bekannte Muster.

Von Patrick Gensing, Redaktion ARD-faktenfinder

Markus Söder entwickelt sich im Netz zu einem neuen zentralen Feindbild von Corona-Leugnern und Rechtsradikalen. In den vergangenen Jahren stand vor allem Kanzlerin Angela Merkel im Visier, zumeist wegen ihrer Flüchtlingspolitik. Doch angesichts ihres angekündigten Abgangs aus dem Kanzleramt heißt es nun plötzlich nicht mehr "Merkel muss weg", sondern "Söder muss weg".

Herabwürdigungen und Gewaltaufrufe

In Facebook-Gruppen wie "Stoppt Markus Söder" wird der CSU-Politiker in Zwangsjacke dargestellt, in Kommentaren fordern Nutzer Gewalttaten gegen den bayerischen Ministerpräsidenten. Die anonyme Recherche-Initiative "Die Insider" veröffentlichte auf Twitter Screenshots aus einer solchen Gruppe.

Weitere Recherchen von tagesschau.de in der gegen Söder gerichteten Facebook-Gruppe und auf ähnlichen Seiten zeigen, dass dort kontinuierlich Verschwörungslegenden einer "Neuen Welt Ordnung" (NWO) sowie gezielte Falschmeldungen verbreitet werden. So sei die Corona-Pandemie nur ein Vorwand, um eine globale Gesundheitsdiktatur einzuführen. Wolfgang Schäuble wird in diesem Zusammenhang das Zitat in den Mund gelegt: "Die Not wird die Menschen zwingen, sich zu beugen."

Diesen Satz hat Schäuble allerdings nicht geäußert - und schon gar nicht im Kontext der Corona-Pandemie, so wie es jetzt dargestellt wird. So hatte die Nachrichtenagentur dpa bereits Anfang 2020 festgestellt, dass das falsche Zitat auf ein Video zurückgehe; dort findet es sich als Untertitel zu einem Podiumsgespräch, an dem Schäuble teilgenommen hatte. Das bearbeitete Video lud ein Nutzer mit russischem Namen auf YouTube hoch. Tatsächlich hat Schäuble die im Untertitel angegebenen Worte aber gar nicht gesagt.

"Gemeingefährliche Desinformation"

Regelmäßig tauchen in Gruppen wie "Stoppt Markus Söder" oder "Söder muss weg" irreführende Beiträge aus der FPÖ-nahen Publikation "Wochenblick" auf. So beispielsweise Beiträge über zahlreiche Menschen, die angeblich durch Corona-Impfungen verstorben seien. Das österreichische Magazin "Kontrast" prüfte verschiedene Beiträge des "Wochenblick" und kam zu dem Schluss, "das FPÖ-Magazin" verbreite "gemeingefährliche Desinformation zur globalen Pandemie".

Geteilt wird in diesen Gruppen auch die komplett verdrehte Aussage, dass ein Impfhersteller dazu rate, sich nicht impfen zu lassen, sondern allein auf ein gesundes Immunsystem gegen Covid-19 zu setzen.

AfD-Abgeordneter droht mit Anzeigen

Auch die AfD geht Söder zunehmend an: Der Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka kündigte in einem Video auf YouTube an, es würden derzeit Anzeigen wegen Volksverhetzung und möglicherweise Körperverletzung gegen Söder geprüft. In Kommentaren zu anderen Videos von Protschka, in denen es um Söder geht, wird dem CSU-Chef vorgeworfen, er sei ein Linksextremist.

Diese Behauptung hatte Mitte 2020 bereits die anonyme rechtsextreme Seite "Anonymousnews.Russland" verbreitet: Söder positioniere sich "am linksextremen Rand", hieß es dort. In dem Artikel wird vor dem CSU-Politiker als dem kommenden Kanzlerkandidat der Union gewarnt, der "im linken Mainstream" mitschwimme und die AfD hart attackiere.

Vorgeschmack auf Wahlkampf?

Das AfD-nahe Magazin "Deutschland-Kurier" arbeitet sich ebenfalls an Söder ab; neben Schlagzeilen wie "Lockdown-Irrsinn: Söder kommt von seiner Sucht nicht mehr los!" oder "Lockdown-Gaga: "ERKLÄREN SIE ES, Herr Söder!" findet sich dort beispielsweise ein Video, in dem Aufnahmen des ehemaligen CSU-Chefs Franz-Josef Strauß und Söders gegeneinander geschnitten wurden. Durch die Montage wirkt es so, als beschimpfe Strauß den heutigen CSU-Chef.

2017 hatte die AfD im Wahlkampf auf eine aggressive Negativ-Kampagne gegen Merkel gesetzt, die an die Kampagne von Donald Trump gegen Hillary Clinton erinnerte. Die Attacken auf Söder könnten nun einen Vorgeschmack geben auf den anstehenden Bundestagswahlkampf. Der neue CDU-Chef Armin Laschet spielt als Feindbild der genannten Milieus bislang hingegen kaum eine Rolle.