Europawahl 2024
Ergebnisse aus anderen europäischen Ländern Front National und UKIP legen massiv zu
In Großbritannien ist die antieuropäische UKIP mit rund 28 Prozent stärkste Partei geworden, in Frankreich gewann der rechtsextreme Front National die Europawahl deutlich und auch anderswo legten Rechtspopulisten zu. In Griechenland siegten die Linksradikalen.
Klare Wahlsiege für Rechtsextreme und Antieuropäer in Frankreich und Großbritannien: Die Briten verhalfen der United Kingdom Independence Party UKIP vorläufigen Ergebnissen zufolge zu großen Zugewinnen. Die Partei bekam rund 28 Prozent der Stimmen, bei der Europawahl 2009 waren es noch 16,5 Prozent. Bleibt es dabei, würde sie die regierenden Konservativen und die oppositionelle Labour-Partei hinter sich lassen.
UKIP-Chef Nigel Farage sprach im Falle eines Wahlsiegs von einem "Erdbeben" in der britischen Politik. So habe sich noch nie in der Landesgeschichte eine als rebellisch wahrgenommene Partei in einer nationalen Wahl durchgesetzt. Dann legte Farage nach: "Ich will nicht nur, dass Großbritannien die Europäische Union verlässt. Ich will, dass Europa die Europäische Union verlässt."
Front National gewinnt in Frankreich
In Frankreich hat der rechtsextreme Front National (FN) von Marine Le Pen die meisten Stimmen bei der Europawahl geholt. Die Partei bekam 25 Prozent der Stimmen. Bei der vorangegangenen Wahl 2009 hatte der FN noch bei 6,3 Prozent gelegen.
Die regierenden Sozialisten von Präsident François Hollande mussten mit knapp 14 Prozent erneut eine schwere Schlappe hinnehmen (2009: 16,5 Prozent). Die konservative UMP wurde mit 20,8 Prozent zweitstärkste Kraft, musste aber auch Verluste verkraften (2009: 27,9 Prozent).
Le Pen fordert Neuwahlen
Angesichts des starken Abschneidens ihrer Partei forderte Le Pen Neuwahlen in Frankreich. Das Parlament in Paris sei nicht mehr repräsentativ für den Willen des Volke, sagte sie.
Frankreichs Regierungschef Manuel Valls sprach von einem "ernsten Moment für Frankreich und Europa". Das Ergebnis sei ein Schock für alle in der Politik Verantwortlichen. Umweltministerin Ségolène Royal machte eine "gigantische Wut" bei den französischen Wähler aus.
Erfolge für Rechtspopulisten auch in anderen Ländern
Auch in anderen europäischen Ländern konnten rechtspopulistische Parteien Stimmen dazugewinnen. In Dänemark wurde die rechtspopulistische Dänische Volkspartei stärkste Kraft. Nach einer Prognose, die der dänische Rundfunksender DR veröffentlichte, bekam die Partei 23,1 Prozent der Stimmen. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt landeten demnach mit 20,2 Prozent der Stimmen nur auf Platz zwei.
In Finnland holte die Partei "Wahre Finnen" laut vorläufigem Endergebnis 12,9 Prozent. In Schweden erreichten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten laut einer Hochrechnung nach Auszählung fast aller Wahllokale 9,7 Prozent - und ziehen damit sicher ins Europaparlament ein.
In Österreich konnte die rechtspopulistische FPÖ ihren Stimmenanteil deutlich ausbauen. Dem vorläufigen Ergebnis zufolge kamen die Freiheitlichen auf 20,5 Prozent, knapp acht Punkte mehr als 2009. Dies bedeutet den dritten Platz hinter der konservativen Volkspartei (ÖVP) mit 27,3 Prozent und der sozialdemokratischen SPÖ mit 24,2 Prozent.
Renzi-Partei in Italien klar vorn
In Italien ging die Demokratische Partei von Regierungschef Matteo Renzi als klarer Sieger aus der Europawahl hervor. Sie kam am Montagmorgen nach Auszahlung fast aller Stimmen auf knapp 41 Prozent. Dahinter folgt die populistische und europaskeptische Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo mit 21 Prozent.
Die konservative Oppositionspartei Forza Italia (FI) des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi rutschte mit knapp 17 Prozent auf Platz drei. Die rechtspopulistische Lega Nord erreichte 6,0 Prozent.
Niederlande: Wilders verliert
Auch in den Niederlanden setzten sich die europafreundlichen Kräfte durch. Stärkste Partei wurden laut vorläufigem Endergebnis die Christdemokraten, die fünf Mandate erzielten. Die linksliberale Partei D66 wird mit vier Abgeordneten ins EU-Parlament einziehen. Die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders wurde mit derzeit 13,2 Prozent drittstärkste Kraft und gewinnt demnach vier Mandate. Insgesamt stellen die Niederlande 26 Abgeordnete im Europaparlament.
In Ungarn siegte erwartungsgemäß die regierende rechtskonservative Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban. Sie erhielt laut Wahlkommission 51,5 Prozent der Stimmen und sicherte sich damit zwölf der 21 Mandate, die auf Ungarn entfallen. Die Wahlbeteiligung lag mit 28 Prozent unter jener der zwei Europawahlen, an denen Ungarn bisher teilgenommen hat.
Die rechtsextreme und ausländerfeindliche Partei Jobbik erzielte 14,7 Prozent der Stimmen (drei Mandate), sechs Prozentpunkte weniger als bei der Parlamentswahl im April.
Linksradikale gewinnen in Griechenland
In Griechenland wurde das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken, "Syriza", stärkste Kraft. Nachdem rund 95 Prozent der Stimmen ausgezählt waren, kam die Partei von Alexis Tsirpas auf 26,5 Prozent. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete mit 23 Prozent auf dem zweiten Platz. Die rechtsradikale Goldene Morgenröte eroberte mit 9,4 Prozent Rang drei.
In Lettland, Slowenien und vielen anderen Ländern lagen dagegen europafreundliche Parteien vorn.
Nationalisten in Bulgarien verpassen Einzug ins Parlament
In Bulgarien gewann die oppositionelle bürgerliche Partei GERB deutlich. Sie erhielt nach Auszählung von rund 75 Prozent der Stimmen gut 31 Prozent. Die bislang im Europaparlament vertretene nationalistische Partei Ataka bekam nur 3,0 Prozent der Stimmen und verpasste damit den Einzug ins Europaparlament.
Verluste für etablierte Parteien in Irland
In Irland, wo die Beteiligung immerhin bei um die 50 Prozent lag, verpassten die Wähler der Regierung bei der Europawahl einen Denkzettel. Die konservative Fine-Gael-Partei von Premierminister Enda Kenny kam nur auf 22 Prozent der Stimmen, die mitregierenden Sozialdemokraten erzielten gar nur sechs Prozent. Das bedeutet Verluste im zweistelligen Bereich im Vergleich zu früheren Wahlen. Starke Zugewinne verbuchten unabhängige Bewerber. Die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei des Ex-IRA-Mannes Gerry Adams legte ebenfalls zu. Sie ist derzeit mit 17 Prozent drittstärkste Partei.
Wahlbeteiligung EU-weit bei 43,11 Prozent
400 Millionen Menschen in 28 Staaten waren aufgerufen, bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,1 Prozent und damit nur unwesentlich über dem historischen Tiefstand 2009. Damals hatten 43 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht.
Vor allem in den osteuropäischen Ländern war das Interesse eher gering. In der Slowakei nahmen nur 13 Prozent der Stimmberechtigten an der EU-Wahl teil, ein historischer Negativrekord. Auch 2009 war die Wahlbeteiligung in der Slowakei mit 19,6 Prozent die niedrigste aller EU-Länder. In Tschechien gingen 19,5 Prozent zur Wahl.
Am stärksten war die Wahlbeteiligung in Belgien und Luxemburg. Dort lag sie bei jeweils 90 Prozent. In beiden Ländern gibt es eine formelle Wahlpflicht.