Zypern und der Erdgas-Streit Harte Sanktionen gegen Türkei gefordert
Im Gasstreit fordert die zyprische Regierung schmerzhafte EU-Sanktionen gegen Ankara. Zypern warnt vor Krieg zwischen NATO-Partnern und sieht die deutsche EU-Ratspräsidentschaft am Zug.
Seit Februar forscht das türkische Bohrschiff "Yavuz" südwestlich der Küste Zyperns nach Erdgas- und Ölvorkommen unter dem Meeresboden. Das Seegebiet liegt zwischen Zypern und Ägypten in der sogenannten Ausschließlichen Wirtschaftszone Zyperns. Die Türkei aber erkennt die Republik Zypern nicht an - und damit auch nicht deren "Ausschließliche Wirtschaftszone".
Die Regierung in Ankara behauptet, das Seegebiet gehöre zum türkischen Festlandsockel und zudem sei die Türkei beauftragt, die Interessen der türkischen Zyprer zu vertreten.
Im Rohstoffstreit legen die türkische und die griechische Regierung internationales Recht unterschiedlich aus. Nach türkischer Lesart haben Inseln wie Kreta zwar Hoheitsgewässer, können sich aber nicht auf eine Ausschließliche Wirtschaftszone berufen.
Griechenland lehnt diese Sicht strikt ab und sieht in dieser Interpretation das Völkerrecht verletzt.
Die Regierung in Ankara versucht zudem, durch ein umstrittenes Seeabkommen mit Libyen die Grenzen des türkischen Seegebiets im östlichen Mittelmeer erheblich auszuweiten.
"Das sind Ausreden"
Kyriakos Koushos, der Regierungssprecher der Republik Zypern, schüttelt über diese Argumentation den Kopf. "Das sind Ausreden", sagt er. Die Türkei verstoße gegen internationales Recht. Darauf müsse die EU nun endlich deutlich reagieren: "Wir brauchen härtere Sanktionen. Wir brauchen härtere Maßnahmen, um die Türkei davon abzuhalten, Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anzugreifen."
Zypern sieht sich also von der Türkei angegriffen und von der EU weitgehend im Stich gelassen. Der Regierungssprecher betont: "Bis jetzt haben wir nicht gesehen, dass die Europäische Union wirklich ihre Grenze verteidigt. Diese Grenze wird von Zypern und Griechenland gebildet. Wir sind Mitgliedsstaaten. Wir sind die Grenzen."
Zahnlose Sanktionen gegen die Türkei
Zypern hat nicht die militärischen Mittel, die eigenen Grenzen wirksam zu schützen. Griechenland hingegen hat eine starke Marine und kündigte bereits an, diese notfalls einzusetzen, falls türkische Bohrschiffe auch in griechische Gewässer eindringen sollten.
Und die EU? Die Europäische Union verurteilte zwar in zahlreichen Erklärungen die Bohraktivitäten der Türkei in fremden Gewässern. Sie verhängte auch Sanktionen, allerdings tun die der Türkei nicht wirklich weh. Die Sanktionen beschränken sich weitgehend darauf, dass zwei Manager eines türkischen Energiekonzerns nicht in die EU einreisen dürfen.
Zypern fordert Druck auf Ankara
Der zyprische Regierungssprecher Koushos verlangt viel mehr: "Wir denken, es müssen nicht nur mehr Namen von Personen und Firmen auf die Liste, sondern wir müssen die Sanktionen ausweiten: auf die Wirtschaft, auf den Handel und andere Bereiche."
Schmerzhafte Sanktionen, weil die Türkei wirtschaftlich abhängig von der EU ist. Dieses Druckmittel müsse die EU endlich nutzen, um die Türkei in die Schranken zu weisen.
Lob für Macron
Das fordern nicht nur Zypern und Griechenland, sondern auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der die Türkei nicht nur wegen der Bohrungen im östlichen Mittelmeer kritisiert, sondern auch wegen ihres militärischen Vorgehens in Libyen.
Zyperns Präsident Nikos Anastasiades äußerte sich nach seinem Vier-Augen-Gespräch mit seinem Amtskollegen Macron am vergangenen Donnerstag in Paris begeistert. "Das Engagement Frankreichs unter der Führung des Präsidenten Macron ist ein Lichtblick bei all den beängstigenden Entwicklungen in der Region." Vor allem, betonte Anastasiades, weil die EU bisher immer nur abwesend gewesen sei.
Gute Laune in Paris - Anastasiades (li.) traf Macron vergangene Woche.
Forderung an deutsche Ratspräsidentschaft
Mit Sanktionen könnte die Türkei zum Abzug ihrer Bohrschiffe bewegt werden. Ohne Sanktionen aber könnte sich der Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland soweit zuspitzen, dass beide Seiten ihre Marine einsetzen.
Der zyprische Regierungssprecher Koushos sagt, natürlich hoffe er, dass es nicht zum Krieg komme. Um das zu erreichen, müsse die EU handeln. Die Aufgabe für die deutsche Ratspräsidentschaft sei, so Koushos: "Ganz einfach, die Rechte Europas schützen."
Die europäischen Verträge müssten durchgesetzt werden - zum Beispiel, dass die Grenzen Europas geschützt werden. Das sei die Aufgabe der deutschen Ratspräsidentschaft. "Sie müssen alles tun, was auch immer nötig ist, um das Recht der Europäischen Union zu verteidigen. Und Zypern ist ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union", betont der Regierungssprecher. Er hofft, dass das die "Yavuz" möglichst bald die zyprischen Gewässer verlässt.