Weltnichtrauchertag "Die Welt braucht Nahrung und keinen Tabak"
Mit perfiden Methoden trieben Tabakkonzerne Bauern in die Abhängigkeit, so der Chef der WHO. Am Ende blieben oft Schulden und Gesundheitsschäden. Mit einer Initiative und Mikrokrediten will die Organisation nun helfen.
Mit drastischen "Koch-Videos" macht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Instagram-tauglich deutlich, worum es geht: Auf einem hübschen Holzbrett werden Kräuter, Gemüse und Fleisch geschnitten und verwandeln sich sekundenschnell in Tabak, Zigaretten und Zigarren, die dann hübsch garniert serviert werden.
"Die Welt braucht Nahrung und keinen Tabak", fasst Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung, die Message zum Weltnichtrauchertag zusammen. Durch den Krieg in der Ukraine gebe es nicht genug Nahrungsmittel, besonders für Menschen in Afrika. "Und deswegen gibt es eine klare Alternative: Wir müssen den Bauern helfen, aus dem Tabakanbau rauszugehen", so Krech.
Die perfiden Methoden der Tabakindustrie
Mehr als drei Millionen Hektar Land werden weltweit für den Anbau von Tabak genutzt - selbst in Ländern, in denen Menschen hungern. In Afrika, so berichtet die Weltgesundheitsorganisation, ist die Zahl der Tabakanbauflächen in den vergangenen 15 Jahren um fast 20 Prozent gestiegen. Schuld sei die Tabakindustrie, die Bauern mit perfiden Methoden in die Abhängigkeit treibe. Die Tabakindustrie halte Bauern in einem Teufelskreis:
Auf der einen Seite sagen sie: Wir geben euch Saatgut, Düngemittel, Pestizide - und das müsst ihr jetzt nicht bezahlen. Am Ende sagen sie dann: Wir geben euch dieses Geld, aber ihr müsst uns ja noch alles bezahlen, was wir euch vorgestreckt haben. Und dann sagen sie auch: Ihr habt nicht so guten Tabak angebaut, deshalb geben wir euch nicht den normalen Preis.
Massive Gesundheitsschäden
Und so bleiben den armen Tabakbauern am Ende statt Gewinnen oft nur Schulden - und massive Gesundheitsschäden. "Wenn sie in den Feldern arbeiten, wo Tabak angebaut wird, dann ist das so, als würden sie 50 Zigaretten am Tag rauchen", sagt Krech. "Das ist natürlich wahnsinnig schädlich für jeden Menschen, aber noch viel schädlicher ist es für die 1,3 Millionen Kinder, die im Tabakanbau arbeiten und eben nicht zur Schule gehen."
Gegen dieses Elend will die WHO gemeinsam mit dem UN-Welternährungsprogramm und der Welternährungsorganisation FAO vorgehen. "Tobacco Free Farms" heißt die Initiative, mit der nach WHO-Angaben schon Hunderte Landwirte in Kenia von Tabak auf den Anbau proteinreicher Bohnen umgestiegen sind.
Durch einen Fonds der Vereinten Nationen würden den Bauern Mikrokredite zur Verfügung gestellt, damit sie aus der Schuldenfalle mit der Tabakindustrie rauskommen, erklärt Krech. "Die Welternährungsorganisation schult die Bauern darin, was für Alternativen an Nahrungsmitteln sie anbauen können auf ihrem Land. Das WFP kauft dann die Ernte von den Bauern ein."
Kritik von der Tabaklobby
Kritik an der WHO-Initiative kommt - wenig überraschend - von der Tabaklobby. So ließ etwa in Deutschland der Bundesverband der Tabakwirtschaft mitteilen, dass der Anbau von Tabak weltweit rückläufig sei und keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion darstelle.
Allerdings belegt der neue Bericht der WHO: Auch wenn weltweit die Tabakproduktion zurückgeht, expandieren die Konzerne eben in Afrika - skrupellos. "So wie die Tabakindustrie die Bauern knebelt, das ist wirklich unter aller Kanone", sagt der WHO-Direktor für Gesundheitsförderung und appelliert zum Weltnichtrauchertag an das Gewissen der Raucherinnen und Raucher: "Ich glaube, wir haben alle ein Interesse daran, solche Bedingungen zu beenden. Deshalb: Vielleicht weniger rauchen oder aufhören mit dem Rauchen."