Ausbruch Eyjafjallajökull

Leben mit den Vulkanen Islands "Das Wichtigste - hab' niemals Angst"

Stand: 26.07.2015 16:19 Uhr

Als der Eyjafjallajökull 2010 ausbrach, war der Flugverkehr in ganz Europa unterbrochen - der ganze Kontinent lag unter einer Aschewolke. Die Isländer müssen täglich mit ihren Vulkanen leben - Angst haben sie trotzdem nicht.

Ein Vulkanausbruch klingt und ist bedrohlich. Als ob die Erde mit aller Gewalt krampfartig ausatmet, als ob sie keucht, mit Druck und mit Feuer und Asche. 180 Vulkane beheimatet Island, nur eine Handvoll davon ist weltweit bekannt, während über 30 potentiell aktiv sind. Am wenigsten übrigens der bekannteste: der Eyjafjallajökull. 2010 hatte sein Ausbruch den Flugverkehr in Europa tagelang so gut wie lahmgelegt.

Carsten Schmiester, Carsten Schmiester, ARD Stockholm, 26.07.2015 04:03 Uhr

Helikoptertouren an den Rand des Kraters

Inzwischen hat der Eyjafjallajökull sich beruhigt und sorgt trotzdem weiter für Aufregung, unter Touristen, die sich den Vulkan unbedingt aus der Nähe anschauen wollen. Fast 80.000 haben diesen Trip im vergangenen Jahr gewagt. Es gibt ein kleines Museum und für Leute mit Geld die Chance, sich das Ganze von oben aus dem Hubschrauber anzuschauen. Sarah aus Australien hat diesen "Trip ihres Lebens" gerade hinter sich. Mit dem Hubschrauber sind sie direkt am Kraterrand gelandet. "Da ist noch Dampf und man kann sehen, wo die Lava geflossen ist. Unglaublich, da bekommt man einen ganz anderen Eindruck."

Und mit diesem Eindruck fliegen sie dann alle schön wieder nach Hause. Jon Gudmunsson kann - und will das nicht. Er lebt am Fuß des benachbarten Vulkans, der Katla. Für die Isländer ist dieser Vulkan eine "sie", benannt nach einer nicht besonders lieblichen Sagengestalt. Der letzte große Ausbruch 1918 war derart gewaltig, dass im schlimmsten Moment mehr geschmolzenes Gletschereis zu Tal strömte und alles in seinem Weg zerstörte, als der Amazonas Wasser führt.

Allzeit bereit für den nächsten Vulkanausbruch

Eigentlich wäre Katla mal wieder "dran" mit einem Ausbruch. Hoffentlich nicht, meint Jon, der den Ausbruch des Eyjafjallajökull aus der Nähe miterleben musste. Er sei während des gesamten Ausbruchs wie betäubt gewesen. "Erst hinterher fängst Du an zu begreifen, dass das schon eine tolle Erfahrung war, aber auch, dass diese eine Erfahrung reicht", sagt Jon. Wobei ihm völlig klar ist, dass er wahrscheinlich weitere Ausbrüche erleben wird. Darauf sind alle Isländer vorbereitet. Es gibt Evakuierungspläne und ständige Übungen, die Routen stehen fest und es ist genau geregelt, was auf der schnellen Flucht vor Lava und Asche mitgenommen werden darf: nur das Nötigste natürlich, Kleidung, Wasser, Dokumente.

Und auch für den Fall, dass ein etwas weiter entfernter Vulkan ausbricht, ist Jon gerüstet. Dann ist die Asche das Hauptproblem. "Klar, ich habe immer eine volle Kiste mit festem Klebeband im Haus, damit kann ich im Falle des Falles die Fenster abdichten." Denn die Vulkanasche sei so fein, sie kröche förmlich ins Haus, durch jeden noch so kleinen Schlitz.

Das kann in Island jederzeit passieren - ohne große Vorwarnung. Natürlich werden die Gletscher und Vulkane dauernd überwacht. Jede kleine Erd- und Eisbewegung wird registriert und analysiert. Und trotzdem: Ausbrüche lassen sich nicht genau vorhersagen. Also sind die Isländer ständig auf den "worst case" vorbereitet.

Wie lange schlummert die Bardarbunga noch?

Armann Höskuldsson ist Vulkanologe. Er hat weniger die Katla im Blick, eher die Bardarbunga, deren jüngste Aktivität erst seit Februar vorbei ist. "Es wäre wirklich schrecklich, wenn es da zu einer großen Explosion käme", sagt Höskuldsson. "Denn dann hätten wir wieder eine riesige Aschewolke, die mit Sicherheit auch über Europa hinweg ziehen würde mit den bekannten Folgen." Und zusätzlich gäbe es noch eine wahre Sintflut aus geschmolzenem Gletscherwasser.

Fragt sich, warum - bei aller Schönheit der Natur - überhaupt Menschen auf Island leben. Die Antwort ist ganz einfach, sagt Höskuldsson: Die Isländer hätten gelernt mit der Gefahr umzugehen. Man leben nun einmal auf einer Vulkaninsel und Wissenschaftler würden an den genauesten Vorhersagen arbeiten. "Habe niemals Angst, das ist unsere erste, zweite und dritte Priorität. Sei dir bewusst, was passieren kann und was du dann tun musst. Wenn du das alles weisst, dann passiert dir nichts."