Iran gegen die USA Eine chancenlose Klage?
Die USA und der Iran fechten ihren Streit um den Atomdeal und Sanktionen nun vor dem Internationalen Gerichtshof aus. Doch worauf basiert die Klage des Iran und welche Erfolgsaussichten hat sie?
Worum genau geht es?
Der Iran hat seine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) im niederländischen Den Haag eingereicht. Der IGH ist das Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen (UN). Die Grundlage der aktuellen Klage ist ein sogenannter Freundschaftsvertrag zwischen dem Iran und den USA aus dem Jahr 1955.
Dieser Vertrag betrifft ausdrücklich auch die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder und sieht im Streitfall den Weg vor das UN-Gericht in Den Haag vor. Die Führung in Teheran argumentiert, die aktuellen Sanktionen der USA stellten einen Verstoß gegen diesen Vertrag dar. Für den Anwalt des Iran, Mohsen Mohebi, ist das Vorgehen der USA "nackte Wirtschaftsaggression". Die Sanktionen hätten weitreichende Folgen, auch für die Garantie von gesundheitlicher Grundversorgung und Sicherheit im Iran.
US-Präsident Donald Trump nannte das internationale Atomabkommen mit dem Iran den "schlechtesten Deal, den die USA jemals gemacht haben". Darum kündigte er es auf und verhängte Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Trump drohte, dass auch diejenigen Staaten und Unternehmen sanktioniert würden, die ihrerseits weiter mit dem Iran Handel treiben würden.
Der Iran verlangt nun vom IGH, festzustellen, ob das mit den Regelungen des Freundschaftsvertrages von 1955 noch vereinbar ist. Zudem beantragt der Iran den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Mit dieser soll erreicht werden, dass die Sanktionen vorläufig ausgesetzt werden, bis eine endgültige gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
Inwieweit der IGH die Position des Iran teilt, ist noch völlig offen. Zunächst wird geprüft, ob die Klage zulässig ist. Und: Seit 1955 gab es viele gravierende politische Umwälzungen im Iran, etwa die islamische Revolution von 1979. Zu klären ist also, welche Auswirkungen das auf den Stellenwert des Freundschaftsvertrages hat.
Der IGH - ein "Papiertiger"?
Unabhängig davon, wie die Entscheidung des IGH aussieht, stellt sich die Frage, inwiefern ein solches Urteil überhaupt durchsetzbar wäre. Insgesamt 73 Staaten (darunter auch Deutschland) haben dazu eine sogenannte Unterwerfungserklärung abgegeben. Dadurch haben sich diese Staaten verpflichtet, die Urteile des Gerichts anzuerkennen. Sie können darum nach dem Statut des IGH ohne weiteres gegeneinander klagen und auch verklagt werden.
Aber: Weder der Iran noch die USA zählen zu diesen 73 Staaten. Der Automatismus greift also für diese beiden Länder nicht. Tatsächlich haben die USA in der Vergangenheit auch schon andere Entscheidungen des IGH ignoriert.
Die Charta der Vereinten Nationen besagt im Artikel 94:
Jedes Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet sich, bei jeder Streitigkeit, in der es Partei ist, die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs zu befolgen. Kommt eine Streitpartei ihren Verpflichtungen aus einem Urteil des Gerichtshofs nicht nach, so kann sich die andere Partei an den Sicherheitsrat wenden; dieser kann, wenn er es für erforderlich hält, Empfehlungen abgeben oder Maßnahmen beschließen, um dem Urteil Wirksamkeit zu verschaffen.
Auf dem Papier sind die Urteile also durchaus bindend. Das würde dann auch für die USA und den Iran als UN-Mitglieder gelten. Allerdings muss das in der Praxis nicht bedeuten, dass Staaten ihren Verpflichtungen aus Urteilen auch nachkommen.
Unterstellt, die USA würden ein IGH-Urteil ignorieren: Ob der dann anzurufende Sicherheitsrat auch tatsächlich Maßnahmen beschließen würde, ist sehr fraglich: Denn die USA sind dort ständiges Mitglied und haben als solches ein Vetorecht, wenn es um Resolutionen geht. Faktisch hat der IGH also kaum eine Möglichkeit ein eventuelles Urteil gegen die USA zwangsweise durchzusetzen.
Gibt es für den Iran andere Möglichkeiten?
Kaum. Zwar gibt es auch bei der Welthandelsorganisation (WTO) grundsätzlich die Möglichkeit, bei Streitfragen das sogenannte Streitschlichtungsgremium anzurufen. Dies allerdings dürfte für den Iran kein gangbarer Weg sein. Denn das Land ist kein vollwertiges WTO-Mitglied, sondern hat dort einen sogenannten Beobachterstatus. Der Iran ist also, vereinfacht gesagt, nur Beitrittskandidat. Das übrigens auch, weil die USA in der Vergangenheit Beitrittsverhandlungen mit dem Iran immer wieder blockiert haben.
Außerdem: Ob ein solches Vorgehen bei Trump überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte, ist sehr fraglich. Auch die WTO steht derzeit im Weißen Haus nicht besonders hoch im Kurs. Dort setzt man auf das Motto "America first".