Iran vor den US-Sanktionen "Die Wirtschaft ist am Boden"
Schon vor dem Inkrafttreten der neuen US-Sanktionen hat sich die Wirtschaftslage im Iran sehr verschlechtert. Die Menschen sind verzweifelt oder wütend. Viele protestieren gegen die Führung des Landes.
Die Menschen im Iran sind Krisen gewohnt und haben gelernt, damit umzugehen. Trotzdem spürt man in diesen Tagen eine tiefe depressive Stimmung: "Was kann ich schon sagen? Nichts liegt in unseren Händen, und kein Weg steht uns frei. Wir können nur abwarten und müssen uns mit der Situation abfinden", sagt eine junge Frau auf dem Basar von Teheran.
Zwar treten die neuen Sanktionen der USA erst noch in Kraft, die Krise ist aber schon voll da - in Zahlen abzulesen an der Landeswährung. Der iranische Rial hat seit Jahresbeginn fast zwei Drittel seines Wertes verloren. Vielen Menschen geht schlicht das Geld aus: "Die Wirtschaft ist am Boden. Die Jugendlichen sind arbeitslos, nur wenn die Preise sinken, können sie heiraten", beschreibt ein junger Mann die Situation. "Ich will jetzt heiraten, kann mir aber nicht leisten, eine Goldmünze für 45 Millionen Rial zu kaufen und Gold für die Braut. Woher soll ich denn nur so viel Geld nehmen? Die Staatsmänner sollen an uns denken, ich hoffe alles wird wieder billiger."
Parolen gegen Mullahs
Er formuliert vorsichtig. Andere gehen dafür auf die Straße - es sind Hunderte in mehreren Städten. Zuerst richteten sich die Demonstranten nur gegen die schlechte wirtschaftliche Situation. Allerdings hört man auch immer mehr Parolen gegen die Mullahs. "Nieder mit dem Diktator", rufen sie. Auf Videos von den Demonstrationen im Internet sind auffällig viele Frauen zu sehen, auch viele im Tschador, also im schwarzen langen Umhang. Das bedeutet, es beteiligen sich auch Menschen aus der einfachen Bevölkerung.
Proteste gegen Korruption und Misswirtschaft
Auch für die junge Frau im Basar von Teheran gibt es klar Schuldige: "Die Regierung ist verantwortlich, der Führer in erster Linie, dann der Präsident und das Parlament."
Die Kritik an der Finanz- und Wirtschaftspolitik ist massiv. Es geht um Misswirtschaft und Korruption. Beispielsweise hatte Präsident Hassan Ruhani eine vollständige Kontrolle von Devisengeschäften eingeführt. Und trotzdem floss Vermögen ins Ausland. So forderte der konservative Freitagsprediger von Teheran, Kasem Sedighi: "Die Justiz soll so schnell wie möglich entsprechende Strafen gegen die Wirtschaftsverbrecher verhängen. Die geduldigen Menschen auf der Straße erwarten zu Recht abschreckende Urteile."
Er stellt sich also ein Stück weit hinter die Proteste. Jetzt sollen Waren des täglichen Gebrauchs und Grundnahrungsmittel, die importiert werden müssen, subventioniert werden. Mohammad-Resa Modudi überwacht für die Regierung die Importe: "Die wichtigsten Artikel sind Speiseöl, Rohzucker, Zucker, Butter, rotes Fleisch, Hühnerfleisch, Eier, Futter fürs Vieh und die Hühnerzucht. Insgesamt sind es 38 Produkte."
Fabrikbesitzer: "Diese Faktoren haben uns lahmgelegt"
Das hilft Hosseine wenig in seiner Fabrik mit mehr als 500 Mitarbeitern im Norden des Iran. Er stellt Garn her und hat jetzt schon ohne Sanktionen enorme Schwierigkeiten: "Unser Problem ist, einerseits Devisen zu beschaffen, um Rohstoffe zu importieren. Andererseits werden genau solche Produkte aus dem Ausland hereingeschmuggelt und unkontrolliert importiert. Diese zwei Faktoren haben uns lahmgelegt."
Arbeitsplätze gehen verloren. Junge Menschen finden keinen Job mehr, haben keine Perspektive. Mit den US-Sanktionen wird alles noch viel schlimmer, befürchtet die junge Frau vom Basar: "Ich habe kein gutes Gefühl und versuche alles zu tun, um aus dem Iran herauszukommen . Es ist nicht mehr möglich hier zu leben. Entweder man bleibt hier und nimmt alles hin und erwartet nichts mehr vom Leben oder man flieht. Was anderes bleibt einem nicht übrig."