Agentenreisen im Schengen-Raum CIA testet Europas Grenzen
CIA-Agenten reisen nicht nur mit falscher Identität quer durch Europa. Sondern der US-Geheimdienst hat nach NDR- und "SZ"-Informationen auch gezielt die EU-Grenzkontrollen untersucht, um zu prüfen, ob den Agenten dort Gefahr droht. Die Antwort: Nein.
Den geheimen Aktionen des US-Auslandnachrichtendienstes CIA und den Reisen seiner Undercover-Agenten drohen in Europa kaum Gefahren, entdeckt zu werden. Zu diesem Ergebnis kommt ein entsprechendes internes CIA-Dokument aus dem Jahr 2012, das Wikileaks veröffentlicht hat und das zuvor von NDR und "Süddeutscher Zeitung" eingesehen werden konnte.
Fokus nicht auf Spionageabwehr
Demnach stellten die Grenzkontrollen im Schengen-Raum nur eine "minimale" Bedrohung für die Geheimdienstler dar. Die Gefahr sei gering, dass ihre Identität und ihre Mission enttarnt werde. Denn der europäische Fokus liege auf "illegaler Immigration und Kriminalität", nicht auf Spionageabwehr.
"Checkpoint", eine CIA-Einheit, die Informationen sammelt, um die geheimen Missionen von Agenten und deren wahre Identitäten zu schützen, wurde damit beauftragt, die Gefahren bei Grenzübertritten von Geheimdienstlern in Europa zu beurteilen. Der US-Nachrichtendienst ließ überprüfen, ob durch die Intensivierung der Kontrollen an den europäischen Außengrenzen und der verstärkten, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Schengen-Raum die Identitäten seiner Mitarbeiter gefährdet seien.
Die wahre Identität bleibt unentdeckt
Doch trotz guter technischer Ausrüstung und biometrischer Überwachungssysteme an Europas äußeren Grenzen und innerhalb des Schengen-Raums bleibt die wahre Identität von CIA-Mitarbeitern bei ihrer Einreise unentdeckt. Zudem seien US-Reisende keine "typischen Ziele". So sei das "Schengen Information System", kurz SIS, eine gemeinsame Datenbank der Schengen-Länder, in der unter anderem gesuchte Personen und gestohlene Fahrzeuge erfasst werden, aus Sicht der CIA nicht dafür ausgelegt, vergangene Ein- und Ausreisen von Personen aufzuzeichnen.
Auch das erweiterte Fahndungssystem SIS II stelle keine Gefahr für CIA-Mitarbeiter dar, die unter falscher Identität reisen. Zwar erfasse dieses System auch biometrische Daten, - Fingerabdrücke und Gesichtserkennung -, lege aber weiterhin den Schwerpunkt auf illegale Einwanderer und Kriminelle.
"Minimales Risiko für operativ Reisende"
Auch bei der Erteilung von Visa für den Schengen-Raum drohe kaum Gefahr für CIA-Mitarbeiter, so die interne Einschätzung weiter. Schließlich benötigten US-Bürger mit einem normalen Reisepass kein Visum für den Schengen-Raum. Daher sei auch das Visa-System "VIS", mit dem seit 2011 die Daten von Visa-Antragstellern zwischen den Schengen-Staaten ausgetauscht werden, keine Gefahr. Inhaber von Diplomaten- und anderen offiziellen Pässen hätten zudem zum damaligen Zeitpunkt lediglich für Frankreich, Griechenland und Spanien ein Visum beantragen müssen. Die Untersuchung konstatiert daher: "Die Visa-Bestimmungen im Schengen-Raum stellen nur ein minimales Risiko für operativ Reisende dar", für Agenten im Dienst also.
Ebenso wenig eine Bedrohung für die US-Geheimdienstler ist nach Einschätzung der CIA das "Frontex"-Programm an den europäischen Außengrenzen. Dem Programm fehle es an Einsatzbefugnis, darüber hinaus liege der Fokus auf der Abwehr illegaler Einwanderung.