Flüchtlinge in ungarischer Transitzone EuGH sieht Unterbringung als Haft an
Zwischen der EU und Ungarn gärt ein Streit um die rigorose Flüchtlingspolitik der Regierung Orban. Nun hat der EuGH zu den Zuständen in den Lagern an der sogenannten Transitzone geurteilt: Sie seien mit Haft gleichzusetzen.
Schon seit Längerem steht Ungarn wegen seiner strikten Migrationspolitik in der Kritik. Ein Streitpunkt dabei ist die Unterbringung von Flüchtlingen in der sogenannten Transitzone an der Landesgrenze zu Serbien. Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass diese Unterbringung als Haft anzusehen ist.
Der Richterspruch bezieht sich auf das ungarische Container-Lager Röszke. Die Zustände gleichen laut EuGH einer Inhaftierung und damit verstoße die Unterbringung von Flüchtlingen ohne eine jeweilige Einzelfallprüfung gegen EU-Recht.
Vier Flüchtlinge hatten gegen Unterbringung geklagt
Geklagt hatten vier Migranten aus Afghanistan und dem Iran. Sie waren über die Türkei, Bulgarien und Serbien nach Ungarn gekommen und hatten dort Asyl beantragt. Die ungarischen Behörden lehnten die Anträge jedoch ab. Die Begründung: Die vier Flüchtlinge seien über das Nicht-EU-Land Serbien eingereist, in dem sie mit keiner Bedrohung zu rechnen hätten. Auch in den anderen Staaten, die sie auf ihrer Flucht durchquert hätten, wären die nötigen Standards an Schutz erfüllt.
Ungarn wollte die vier Betroffenen nach Serbien ausweisen. Die serbischen Behörden verweigerten jedoch die Aufnahme der Migranten, woraufhin sie nach Afghanistan oder in den Iran abgeschoben werden sollten. Zudem wies Ungarn die Unterbringung im Lager Röszke an. Die vier Flüchtlinge klagten in Ungarn gegen die Entscheidung. Die Klagen wurden jedoch ohne Prüfung abgewiesen. Das mit ihnen befasste ungarische Gericht rief den EuGH an.
Keine Möglichkeit, Lager "rechtmäßig" zu verlassen
Der EuGH argumentiert, die Flüchtlinge könnten das "abgeschottete Gebiet" des Lagers "aus eigenen Stücken rechtmäßig in keine Richtung verlassen": Da Serbien es als rechtswidrig ansieht, wenn die Migranten aus Ungarn zurückkehren, drohten den Flüchtlingen dort Sanktionen. Zudem könnten sie beim Grenzübertritt nach Serbien jegliche Chance verlieren, in Ungarn als Flüchtling anerkannt zu werden.
Damit sei die Unterbringung der Migranten in Röszke einer "Freiheitsentziehung" gleichzusetzen, so die Luxemburger Richter. Der EuGH betonte, dass Asylbewerber nur dann inhaftiert werden dürften, wenn vorher eine Anordnung getroffen worden sei, in der Gründe dafür genannt wurden. Wenn eine gerichtliche Prüfung ergebe, dass Betroffene "ohne gültigen Grund in Haft genommen worden seien, müsse das angerufene Gericht sie unverzüglich freilassen".
Wegen der ungarischen Transitlager läuft noch ein weiteres Verfahren vor dem EuGH. Die EU-Kommission verklagte das Land 2018 im vorerst letzten Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens, weil die Lager nach Ansicht des Gremiums gegen EU-Recht verstoßen.
Das EuGH-Urteil entscheidet nicht direkt über die Betroffenen. Ungarn muss sich aber in den weiteren nationalen Verfahren daran halten.