Ostukraine-Konflikt "Vollkommener Mangel an Vertrauen"
Thema auf der Sicherheitskonferenz ist auch der Ostukraine-Konflikt. Brächte eine UN-Mission dauerhaften Frieden? Zentrales Problem bleibt das fehlende Vertrauen zwischen der Ukraine und Russland.
Aus fast allen Bundestagsparteien kommt der Ruf, die Sanktionen gegen Russland zumindest schrittweise abzubauen. Auch im Koalitionsvertrag der Großen Koalition steht dieses Ziel - wenn das Minsker Abkommen von 2015 umgesetzt wird, das den Krieg in der Ostukraine beenden soll.
Zu Weihnachten hatte es einen Lichtblick gegeben: Mehr als 300 Gefangene wurden zwischen der ukrainischen Seite und den Separatisten ausgetauscht. Aber auch in diesem Jahr war es nötig, vor den Feiertagen einen neuen Waffenstillstand auszuhandeln, um den Menschen im Donbass etwas Ruhe zu gönnen.
Doch die Kämpfe flauten nur kurzzeitig ab. Der vereinbarte Abzug schwerer Waffen von der Kontaktlinie erfolgte seit 2015 auf beiden Seiten nur zögerlich oder wurde wieder rückgängig gemacht.
Mitte Dezember hatte Russland seine Militärberater aus dem "Gemeinsamen Zentrum für Kontrolle und Koordination" (JCCC) abgezogen. In diesem Gremium hatten russische und ukrainische Militärs gemeinsam die Lage im Konfliktgebiet überwacht und sich ausgetauscht. Die Bundesregierung hatte dies als "völlig falsches Signal" kritisiert. Die russische Seite behauptete, die Ukrainer würden die Arbeit durch Restriktionen erschweren.
Verstöße werden nicht geahndet
Der Rückzug der russischen Militärs aus dem JCCC erschwert auch die Absprachen mit den Mitarbeitern der OSZE-Beobachtermission. Diese berichten akribisch über Verletzungen der Waffenstillstandsvereinbarungen, die sie auf ihren Patrouillen und durch den Einsatz von Drohnen und Videokameras registrieren.
Doch bleibt das Problem, dass diese Waffenstillstandsverletzungen nicht geahndet werden, wie der Vizechef der OSZE-Mission, Alexander Hug, in einem Interview mit tagesschau.de erklärte. Ein vollkommener Mangel an Vertrauen zwischen den Seiten führe dazu, dass sich die Lage immer wieder hochschaukele.
Wird es eine UN-Mission geben?
Um die Beobachter besser zu schützen und ihnen mehr Durchsetzungskraft zu geben, wurde zunächst eine Bewaffnung ins Spiel gebracht. Dann wurde eine UN-Mission vorgeschlagen, für die sich auch die russische Führung aussprach.
Eine solche UN-Friedensmission solle 20.000 Soldaten und 4000 Polizisten umfassen, wird in einem Bericht vorgeschlagen, den Anders Fogh Rasmussen, Ex-NATO-Generalsekretär und derzeitiger Berater des ukrainischen Präsidenten, auf der Sicherheitskonferenz in München vorstellt.
Die vorher bereits bekannt gewordenen Zahlen sorgten in Moskau für harsche Kritik. Eine so hohe Zahl sei inakzeptabel, weil dies einer Okkupation der Konfliktgebiete gleichkäme. Dabei ist noch nicht einmal klar, welche Staaten überhaupt bereit wären, Personal zu entsenden.
Streitpunkt ist zudem, wo genau die UN-Mitarbeiter eingesetzt werden sollen. Russland will sie an der Konfliktlinie positionieren. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warnte jedoch bei einem Besuch in der Ukraine im Januar davor, dass damit faktisch eine Grenzlinie installiert werde. Die UN-Mission müsse im ganzen Konfliktgebiet präsent sein - und vor allem auch an der eigentlichen Grenze zwischen der Ukraine und Russland, um den Nachschub von Kämpfern und Militärgerät in das Kriegsgebiet hinein unterbinden zu können. Derzeit sind an der 400 Kilometer langen Grenze nur an zwei Grenzposten OSZE-Beobachter postiert, die nur wenig Bewegungsspielraum haben.
Gesetz zu den "zeitweise okkupierten Gebieten"
Mitte Januar dann beschloss das ukrainische Parlament ein Gesetz, in dem das Konfliktgebiet als vom "Aggressor Russland" "zeitweise okkupiertes Gebiet" bezeichnet wird. Eine Rückeroberung mit militärischer Gewalt wird nicht ausgeschlossen.
In Moskau stieß der Wortgebrauch auf Empörung. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow behauptete einmal mehr, Russland sei nicht Kriegspartei, sondern nur Vermittler. Durch das Gesetz sei das Minsker Abkommen faktisch beendet.
Ebenso löste eine Mitteilung der US-Regierung Kritik in Moskau aus. Ende Dezember teilte das US-Außenministerium mit, dass man der Ukraine "erweiterte Verteidigungskapazitäten" zur Verfügung stellen wolle. In US-Medien hieß es, es gehe um Panzerabwehrraketen vom Typ "Javelin". Die Regierung in Washington beharrt darauf, dass es nur um Verteidigungswaffen gehe, die es der Ukraine erlaubten, ihre Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen. Bislang unterstützt die US-Regierung die Ukraine unter anderem mit Militärberatern.
Die Lieferung von Waffen an die Ukraine sorgt jedoch auch in Westeuropa für Bedenken. Letztlich könnte Aufrüstung den Stillstand im Friedensprozess verlängern.