Tusk vor NATO-Gipfel "Amerika hat keinen besseren Verbündeten"
Vor dem NATO-Gipfel fordert EU-Ratspräsident Tusk die USA auf, ihre Verbündeten wertzuschätzen - eine deutliche Botschaft an Trump, sich beim Treffen mit Putin nicht zu sicher zu fühlen.
Das Fernduell "Donald gegen Donald" geht weiter: Der EU-Ratspräsident Donald Tusk ist auf europäischer Seite seit geraumer Zeit einer derjenigen, der die schärfsten Töne gegenüber dem US-Präsidenten Donald Trump anschlägt. Das stellte Tusk nun abermals unter Beweis.
"Ich möchte mich direkt an den US-Präsidenten wenden", verkündete Tusk in Brüssel und funktionierte damit kurzerhand die der EU-NATO-Zusammenarbeit gewidmete Zeremonie in eine leidenschaftliche Predigt an die Adresse Trumps um:
Lieber Präsident Trump. Amerika hat keinen besseren Alliierten als Europa. Derzeit geben die Europäer viel mehr für die Verteidigung aus als Russland und genauso viel wie China. Es gibt keinen Zweifel, Herr Präsident, dass dies eine Investition in die gemeinsame amerikanische und europäische Verteidigung und Sicherheit ist - was man von den russischen und chinesischen Ausgaben nicht zuverlässig sagen kann.
"Amerika, wertschätze Deine Alliierten"
Der US-Präsident beklagt sich seit langem, dass die Europäer und insbesondere die Deutschen viel zu wenig für das Militär ausgeben und auf diese Weise auf Kosten der Amerikaner leben würden.
Mit entsprechenden Twitter-Botschaften hatte Trump kurz vor Beginn des NATO-Gipfels nochmal nachgelegt. Unter anderem erklärte er, dies sei "nicht fair für den amerikanischen Steuerzahler".
Die europäische Antwort von Ratspräsident Tusk lautet: "Liebes Amerika, wertschätze Deine Verbündeten - schließlich hast Du nicht so viele davon." Aber auch Europa will Tusk nicht völlig aus der Pflicht entlassen: "Liebes Europa, gib mehr für die Verteidigung aus", forderte er. Denn jeder respektiere einen Alliierten, der gut vorbereitet und ausgerüstet ist.
Nach NATO-Angaben verharren die deutschen Militärausgaben in diesem Jahr bei 1,24 Prozent der Wirtschaftsleistung. Als anzustrebende Zielmarke für das Jahr 2024 hatte das Bündnis zwei Prozent ausgeben.
Sind sich einig im Wunsch nach mehr Kooperation zwischen NATO und EU: EU-Ratspräsident Donald Tusk, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker (v.l.n.r.).
EU will mit NATO verstärkt zusammenarbeiten
Angesichts der eindringlichen Worte Tusks an Trump - 24 Stunden vor Beginn des NATO-Gipfels - rückte der eigentliche Zweck des Treffens zwischen dem Generalsekretär des Bündnisses und den EU-Spitzen ein wenig in den Hintergrund. Bekräftigten doch NATO und EU mit einer gemeinsamen Erklärung, dass sie ihre Zusammenarbeit vertiefen wollen:
"Unsere Bürger sind schlicht sicherer, wenn wir zusammenarbeiten. Darum geht es", erklärte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Russland wird in der elf Punkte umfassenden Erklärung zwar namentlich nicht erwähnt, doch lässt niemand einen Zweifel daran, dass Moskau einer der Hauptgründe für die verstärkte Zusammenarbeit darstellt.
"In den kommenden Monaten werden wir unsere Zusammenarbeit bei der 'militärischen Mobilität' ausbauen, was grundlegend für unsere Abschreckung und Verteidigung ist", erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Militärische Mobilität heißt im Klartext: Truppen und Kriegsgerät sollen im Krisenfall schneller in Europa von West nach Ost verlegt werden können. Gleichzeitig wollen EU und NATO sich auch besser vor Gefahren durch chemische, biologische und atomare Kampfstoffe wappnen und bei der Terrorbekämpfung verstärkt zusammen arbeiten.
Trump: Putin-Treffen wird leichter als NATO-Gipfel
Das Thema Russland sparte auch Tusk nicht aus, als er Trump mit Blick auf dessen für Montag geplantes Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin riet: "Es ist immer gut zu wissen, wer Ihr strategischer Partner und wer ihr strategisches Problem ist."
Der US-Präsident scheint sich da weit weniger Sorgen zu machen: "Ehrlich gesagt, Putin könnte das Leichteste sein. Wer hätte das gedacht?", sagte er mit Blick auf seine Termine in Europa, zu denen neben dem NATO-Gipfel auch ein Besuch in Großbritannien gehört.
Auf die Frage, ob er in Putin eher einen Freund oder einen Feind sehe, antwortete Trump: "Das kann ich jetzt wirklich nicht sagen. Soweit es mich betrifft, einen Konkurrenten."