Prozess in Istanbul Türkei geht weiter gegen Journalisten vor
Schuldig wegen Beleidigung Erdogans: Ein Istanbuler Gericht hat den türkischen Journalisten Dündar zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch gegen ausländische Journalisten gehen die türkischen Behörden weiter vor, und es gibt Beschwerden gegen Kunstprojekte im Ausland.
Der regierungskritische Journalist Can Dündar ist wegen Beleidigung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er solle rund 9000 Euro Strafe bezahlen, berichtet Dündars Anwalt Bülent Utku.
Das Gericht habe entschieden, dass Dündar sowohl Erdogan als auch dessen Sohn Bilal sowie mehrere Minister in seinen Kolumnen beleidigt habe. Dündar hatte in seinen Texten den Korruptionsskandal aus dem Jahr 2013 thematisiert. Damals waren mehrere Minister der AKP-Regierung, deren Söhne sowie Erdogans Sohn Bilal in Korruptionsverdacht geraten.
"Er hat kein beleidigendes Wort verwendet"
Sein Mandant habe als Journalist lediglich seine Pflicht getan und dabei kein beleidigendes Wort verwendet, so Anwalt Bülent Utku. Er kündigte Berufung gegen das Urteil an.
Dündar ist Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet". Gegen ihn und den Hauptstadt-Korrespondenten Erdem Gül läuft ein weiterer Prozess wegen Spionage, versuchtem Umsturz der Regierung und Unterstützung einer Terrororganisation. Den beiden droht lebenslange Haft.
US-Journalist darf nicht einreisen
Zudem verweigerten die türkischen Behörden offenbar erneut einem ausländischen Journalisten die Einreise. Der amerikanische Reporter David Lepeska twitterte, er sei am Flughafen Atatürk in Istanbul abgewiesen worden. Kurz darauf habe er in ein Flugzeug nach Chicago steigen müssen. Die türkische Regierung äußerte sich bislang nicht zu dem Fall.
Lepeska arbeitet seit Jahren in Istanbul und berichtete für Medien wie den britischen "Guardian", den arabischen Nachrichtensender "Al Jazeera" und die US-Zeitschrift "Foreign Affairs".
Häufiges Vorgehen der türkischen Behörden
Derlei Vorgänge der türkischen Regierung gegen ausländische Journalisten häuften sich in den vergangenen Tagen. So wurde die niederländische Journalistin Ebru Umar am Wochenende nach kritischen Äußerungen über Erdogan vorübergehend festgenommen.
Die Journalistin türkischer Herkunft darf derzeit die Türkei nicht verlassen. Umar berichtete zudem, dass in ihre Amsterdamer Wohnung eingebrochen worden und ein Laptop gestohlen worden sei. Die niederländische Polizei bestätigte dies. Umar sieht einen direkten Bezug zwischen ihrer Festnahme und dem Einbruch. Sie sprach von einem Versuch der Einschüchterung und Provokation.
Der niederländische Außenminister Bert Koenders reagierte empört. "Wir üben jeden politischen Druck aus, um sie frei zu bekommen", betonte der Minister.
Auch ARD-Reporter Volker Schwenck durfte in der vergangenen Woche nicht in die Türkei einreisen und musste mehrere Stunden am Flughafen verbringen, ehe er das Land wieder verlassen musste. Als Begründung wurde später erklärt, Schwenck habe keine Journalistenakkreditierung für die Türkei. Allerdings wollte er der Türkei aus nach Syrien reisen, um dort zu arbeiten.
Beschwerden auch im Ausland
Zudem häufen sich Beispiele versuchter Einflussnahme der Türkei im Ausland. So hatte sich die türkische Delegation bei der EU über ein Musikprojekt in Dresden beschwert, dass den Völkermord an den Armeniern zum Thema hat. Die Beschreibung zum Projekt blieb jedoch online.
Ärger gab es auch in Genf. Dort entfachte ein Foto mit einem Erdogan-kritischen Bildtext den Unmut der türkischen Behörden. Die Türkei habe um die Entfernung von Foto und Text ersucht, mit denen Erdogan für den Tod eines 15-jährigen Jungen während der Proteste um den Gezi-Park in Istanbul im Jahr 2015 verantwortlich gemacht wird, sagte ein Behördensprecher in Genf. Die Stadtverwaltung wird am Dienstag entscheiden.