Internationale Geberkonferenz in Kiew 550.000.000 Euro zusätzlich für Tschernobyl
550 Millionen Euro - diese Summe hat die internationale Staatengemeinschaft der Ukraine auf einer Geberkonferenz in Kiew zugesagt. Damit soll das Land die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe besser bewältigen. Das Geld ist vor allem für einen neuen Sarkophag über der Ruine gedacht.
Von Christina Nagel, ARD-Hörfunkstudio Moskau, zzT. Kiew
Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch sprach von einem Durchbruch, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso von einem starken Signal der Solidarität: Die internationale Gemeinschaft sagte der Ukraine noch einmal zusätzliche Finanzmittel in Höhe von 550 Millionen Euro zu, um den 1986 explodierten Reaktor von Tschernobyl sicherer zu machen.
Allein die Europäische Union beteilige sich erneut mit 110 Millionen Euro an den Sicherungsprojekten, betonte Barroso: "Zwei bedeutende Projekte müssen noch zu Ende geführt werden. Der Bau eines neuen Sarkophags und einer Lagerstätte für verbrauchte Brennstäbe." Experten gehen davon aus, dass nur fünf Prozent des Kernbrennstoffs bei der Explosion vor 25 Jahren freigesetzt wurden. 95 Prozent seien noch im Reaktor. Sollte der alte Betonmantel, der in nur sechs Monaten errichtet wurde, zusammenbrechen, wäre dies eine Gefahr - nicht nur für die Ukraine.
Ban fordert umfassende Atomdebatte
Angesichts dieser Risiken, aber auch mit Blick auf die jüngste Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima forderte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon eine tiefgreifende Debatte, ein Innehalten: "Einmal mehr müssen wir schmerzhaft feststellen, dass Nuklear-Unfälle keine Grenzen kennen. Sie stellen ein direktes Risiko für die Gesundheit der Menschen und für die Natur dar. Sie führen zu Wirtschaftkrisen, beeinträchtigen von der Landwirtschaft über den Warenhandel bis hin zu globalen Dienstleistungen alles", sagte er. Die Welt müsse sich fragen, wie man beides garantieren könne: eine friedliche Nutzung von Atomenergie und maximale Sicherheit.
Immer wieder wurden in Kiew internationale Standards gefordert. EU-Kommissionspräsident Barroso sprach sich für umfassende Überprüfungen aller Atomkraftwerke aus: "Die EU führt Stress-Tests für Atomkraftwerke durch, um ein Höchstmaß an Sicherheit für die Bürger zu erreichen. Wir erwarten das auch von unseren internationalen Partnern. Es ist eine globale Aufgabe, eine globale Verantwortung."
Ausstieg aus der Atomenergie - für wenige ein Thema
Nur wenige sprachen heute von einem Ausstieg aus der Atomenergie. Zu ihnen gehörte der deutsche Umweltstaatssekretär Becker. Japan sei für Deutschland eine Zäsur: "Wir in Deutschland wollen für uns selbst die Technik der Kernenergie nur noch eine begrenzte Zeit nutzen und schnellstmöglich aussteigen."
Ein Umdenken, das dem ukrainischen Präsidenten fremd ist. "Die Forderungen, aus der Atomkraft auszusteigen, bedeuten ein Ausbremsen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. Seien wir ehrlich, dass sind sinnlose Träume, die realitätsfremd sind", sagte er.