Südafrika Nur ein Etappensieg für Ramaphosa?
Der bisherige Vorsitzende ist auch der neue: Cyril Ramaphosa, von einem Korruptionsskandal gebeutelt, hat es doch wieder geschafft. Aber ist der monatelange Machtkampf wirklich zu Ende?
Er hat es doch wieder geschafft, und das überraschend deutlich: Cyril Ramaphosa ist auch der neue Vorsitzende der südafrikanischen Regierungspartei ANC.
Das amtliche Endergebnis weist für Ramaphosa 2476 Stimmen aus, Gegenkandidat Zweli Mkhize erhielt 1897 Stimmen.
Zähes Ringen hinter verschlossenen Türen
In den vergangenen Tagen war es hinter verschlossenen Türen offenbar zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Zwei Landesverbände, die sich zunächst hinter Ramaphosa gestellt hatten, waren plötzlich ins Mkhize-Lager gewechselt, so wurde jedenfalls in den Medien spekuliert. In letzter Minute aber scheinen zahlreiche Delegierte wohl doch Ramaphosa die Stimme gegeben zu haben.
Am Dienstag erst hatte sich der ANC mehrheitlich hinter Ramaphosa versammelt. Aber ist damit der Kampf wirklich zu Ende? Manche befürchten: Nach dem Ränkespiel ist vor dem Ränkespiel.
Warum der Parteivorsitz so wichtig ist
Es ist nicht nur einfach ein innerparteilicher Machtkampf, der hier veranstaltet wurde. Es geht um die Frage, wie die Politik Südafrikas in den nächsten Jahren gestaltet wird. Denn der ANC-Vorsitzende wird traditionell nächster Staatspräsident. Vorausgesetzt, der ANC gewinnt auch die nächsten Wahlen, die 2024 stattfinden werden.
In den vergangenen Tagen hatten Umfragen ergeben, dass der ANC mit Ramaphosa bessere Chancen haben würde als mit anderen Kandidaten. Obwohl der amtierende Staatspräsident durch einem "Farmgate" genannten Korruptionsskandal angeschlagen ist.
Was "Farmgate" bedeutet
Cyril Ramaphosa züchtet Tiere, genauer gesagt Büffel, auf seiner Farm "Phala Phala" im Norden Südafrikas. Dort hat offenbar im Februar 2020 ein sudanesischer Geschäftsmann mehrere Büffel gekauft und die Rechnungssumme bar beglichen. Unklar ist, um welche Summe es geht. "Mehrere Millionen US-Dollar", rufen Ramaphosas politische Gegner, "580.000 US-Dollar", sagt der Staatspräsident und Züchter.
Ramaphosa selbst war damals nicht anwesend, der Verkauf wurde offenbar durch seinen Farm-Manager abgewickelt, der das Bargeld dann angeblich unter Sofakissen versteckte. Ramaphosas Kritiker sprechen von Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung.
Schließlich wurde das Geld gestohlen, angeblich hatte eine Angestellte den Dieben Zugang zur Farm verschafft.
Ein Bestohlener, der keine Polizei einschaltet
Ramaphosa forderte nur seinen Sicherheitsdienst auf, nach den Dieben zu fahnden, die offizielle Polizei ließ er außen vor. Seine Leute fanden offenbar die Diebe und schafften es angeblich, diese durch Bestechung zum Schweigen zu verpflichten.
Der Staatspräsident schwieg zunächst wochenlang zu den Vorwürfen, äußerte sich schließlich in ANC-internen Untersuchungsausschüssen in etwa so: "Macht Euch keine Gedanken, nichts Böses ist geschehen, alles in Ordnung."
In der Öffentlichkeit wird seither heftig spekuliert. Typisch ANC, alles hinter verschlossenen Türen, die Reihen schließen sich hinter dem Präsidenten? Weit gefehlt, denn lange Zeit hatten Ramaphosas Gegner die Oberhand.
Warum er nicht Platz machen musste
Es gibt eine parteiinterne Regel: Wenn gegen eine oder einen ANC-Vertreter polizeiliche Ermittlungen eingeleitet werden, darf er oder sie sich nicht mehr auf einen Partei- oder Regierungsposten bewerben. "Mach Platz", bedeutet die Regel - "step aside".
Ramaphosas Gegner versuchten schon im Juni, die südafrikanische Polizei zu offiziellen Ermittlungen gegen den Staatspräsidenten zu bewegen, diese hat aber bislang keine eingeleitet. Ramaphosa durfte sich daher erneut um das Amt des ANC-Parteivorsitzenden bewerben. Doch der politische Streit nahm Fahrt auf. Schließlich hieß es, das Parlament möge entscheiden.
Was das Parlament entschied
Dort hat der ANC noch die Mehrheit, wenn auch eine nicht mehr ganz so komfortable wie früher. 230 von 400 Abgeordneten sind vom ANC. Die Frage war jetzt nur: Wie viele Abweichler würde es geben? Kurzfristig war von bis zu 42 zu hören. Aber dazu kam es nicht, Ramaphosas politische Gegner blieben seltsam still.
Mit 214 Stimmen gegen 148 und zwei Enthaltungen wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen Ramaphosa am Dienstag abgelehnt. Seither durfte sich der Kandidat und Züchter relativ sicher fühlen, dass er das Rennen an diesem Wochenende machen würde. Wieder einmal hatte der ANC die Reihen geschlossen, wenn auch im letzten Moment.
Am Ende war der Jubel - und vielleicht auch die Erleichterung - bei Ramaphosa groß. Sicher kann er sich aber nicht fühlen.
Wie es weiter geht
Es bleibt aber dabei: der ANC gegen alle anderen. Die Opposition hat angekündigt, weiterhin juristisch gegen Ramaphosa vorzugehen.
Der Käufer der Büffel fordert mittlerweile, dass ihm das Geld zurückgezahlt wird. Er habe wegen Covid monatelang keine Ausfuhrgenehmigung bekommen, und jetzt sei er nicht mehr interessiert.
Weiterhin rätselhaft bleibt, wieso sich Ramaphosa beim "Farmgate"-Skandal so verhalten hat. Die plausibelste Variante scheint zu sein, dass er nicht mit dem Käufer in Zusammenhang gebracht werden will, denn diesem werden Verbindungen zum früheren sudanesischen Diktator Umar al-Baschir nachgesagt.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Mitgliederzahlen des ANC von früher 1,4 Millionen auf 600.000 gesunken sind.