Armee gegen Paramilitärs Heftige Kämpfe im Sudan
Artilleriegefechte und Luftangriffe: Der Machtkampf im Sudan zwischen der Armee und der paramilitärischen Gruppe RSF eskaliert. Mindestens 56 Menschen starben. UN-Generalsekretär Guterres forderte eine Rückkehr zum Dialog.
Im Sudan haben sich die herrschende Armee und die paramilitärische Gruppe "Rapid Support Forces" (RSF) heftige Kämpfe geliefert. Dabei wurden nach Angaben von Ärzten mindestens 56 Menschen getötet und fast 600 verletzt. Die Ärztevereinigung des Landes berichtete gestern Abend von Toten auf dem Flughafen der Hauptstadt Khartum, in der nahe gelegenen Stadt Omdurman sowie in drei westlich der Hauptstadt gelegenen Städten. Auf Videos lokaler Medien sind Artilleriegefechte in Khartum zu sehen. Berichtet wurde zudem über Luftangriffe der sudanesischen Luftwaffe auf Stützpunkte der Paramilitärs.
Die Eskalation der Gewalt löste weltweit Besorgnis aus. UN-Generalsekretär António Guterres forderte die Konfliktparteien auf, "die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen, die Ruhe wiederherzustellen und einen Dialog zur Lösung der aktuellen Krise einzuleiten". Guterres telefonierte am Abend mit RSF-General Daglo. Auch US-Außenminister Antony Blinken und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderten ein Ende der Gewalt.
Der UN-Sicherheitsrat rief alle Konfliktparteien dazu auf, die Gefechte einzustellen und Gespräche zur Beendigung der Krise aufzunehmen. Außerdem müssten humanitäre Helfer sicheren Zugang bekommen und UN-Mitarbeiter vor Angriffen geschützt werden, forderte das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen am Morgen. In der Stellungnahme wurde das Ziel der "Einheit, Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Republik Sudan" betont.
Machtkampf eskaliert
Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Land ist ein Machtkampf zwischen Sudans Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan und seinem Vize Mohammed Hamdan Daglo, dem Anführer der bewaffneten Rapid Support Forces. Massenproteste hatten 2019 zum Sturz des jahrzehntelangen Herrschers Omar al-Baschir geführt. Daran waren die reguläre Armee und die RSF beteiligt. Seit al-Baschirs Sturz und einem weiteren Putsch gegen eine daraufhin eingesetzte - faktisch aber vom Militär kontrollierte - Zivilregierung 2021 hat die Armee die Kontrolle über das nordostafrikanische Land mit rund 46 Millionen Einwohnern. An dem Putsch vor zwei Jahren waren auch die RSF beteiligt.
Im Zuge des geplanten Übergangs zu einer zivilen Führung des Landes sollten die Paramilitärs in die regulären Streitkräfte eingegliedert werden, was zu Spannungen führte. Daglo unterstellt al-Burhan, sein Amt als De-Facto-Staatschef nicht aufgeben zu wollen. Die RSF behaupteten am späten Samstagabend bei Twitter, 90 Prozent der vom Militär kontrollierten Gebiete im Sudan übernommen zu haben und in die Kommandozentrale der Armee eingedrungen zu sein. Die Armee wies dies als Lüge zurück. Wer in der Hauptstadt zurzeit die Oberhand hat, ist unklar.
Warnung des Auswärtigen Amts
Das Auswärtige Amt in Berlin sprach von "schweren bewaffneten Auseinandersetzungen", die auch den Flughafen Khartum beträfen. Dort sei der Flugbetrieb offenbar ausgesetzt worden, hieß es. Die Lage sei unübersichtlich. "Bleiben Sie an einem sicheren Ort und meiden Sie alle Fahrtbewegungen", mahnte das Ministerium.
Zwei Fluggesellschaften stellten angesichts der Gefechte ihre Flüge von und in den Sudan ein. Nach Angaben von Saudi Arabian Airlines war eine ihrer Maschinen - mit Passagieren und Crew an Bord - vor ihrem Abflug am Morgen durch Schüsse beschädigt worden. Berichte über Verletzte gab es nicht. Unklar war zunächst, wer die Schüsse abgeben hat. "Flüge von und in den Sudan wurden ausgesetzt, um die Sicherheit der Gäste und der Besatzung zu gewährleisten", teilte die Airline mit. Sie hatte zunächst von einem "Unfall" gesprochen.
Die staatliche ägyptische Fluggesellschaft Egyptair kündigte an, angesichts der Sicherheitslage im Nachbarland für 72 Stunden alle Flugverbindungen von und nach Khartum auszusetzen.