EU-Asylsystem Sekundärmigration in Deutschland nimmt zu
In Deutschland steigt die Zahl der Flüchtlinge, die laut BAMF bereits in Griechenland als schutzberechtigt anerkannt wurden. Im EU-Asylrecht ist das eigentlich nicht vorgesehen.
Zumeist handelt es sich um Personen, die zum Zweck eines Familienbesuchs von Griechenland nach Deutschland reisen. Die Betreffenden nutzen aus, dass sie als anerkannte Flüchtlinge neunzig Tage lang innerhalb der EU unterwegs sein können. Ein Phänomen, dass sich in den letzten Monaten stark zugespitzt hat, sagt Innenstaatssekretär Stephan Mayer. Waren es zu Jahresbeginn monatlich rund 1000 Flüchtlinge, die so aus Griechenland in die Bundesrepublik kamen, habe sich die Zahl inzwischen mehr als verdoppelt.
Auf der EU-Innenministerkonferenz im Juli in Slowenien hatte der Staatssekretär als Vertreter des Bundesinnenministers noch einmal gefordert, dass die EU-Kommission auf Athen einwirken müsse, das Problem zu lösen: "Weil dieser Umstand, dass teilweise im Monat 2000 bis 3000 Schutzberechtigte, also als schutzberechtigt anerkannte Personen aus Griechenland nach Deutschland reisen und dann bei uns nochmals einen Asylantrag stellen, nicht weiter hinnehmbar ist."
Man werde auf jeden Fall darauf drängen, dass sich Griechenland intensiver darum bemüht, die Unterbringungsmöglichkeiten für anerkannte Asylbewerber und auch die Verpflegung und die Sozialhilfe für anerkannte Schutzberechtigte zu verbessern, erklärte Mayer.
Rückführungen so gut wie ausgeschlossen
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2011 müssen Asylbewerber nicht in ein EU-Mitgliedsland zurück, wenn ihnen dort unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dies sieht die deutsche Rechtsprechung in Griechenland gegeben.
Deshalb seien Rückführungen in diesen Fällen so gut wie ausgeschlossen, sagt Lena Dupont. Sie ist die innenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament: "Aus deutscher Perspektive spielt die wirksame Verhinderung von Sekundärmigration eine sehr große Rolle." Helfen würde dabei, wenn es auf europäischer Ebene vereinheitlichte Aufnahmekriterien gebe.
Dupont sagte weiter: "Grundsätzlich muss man allerdings auch sagen, dass es in dem Fall vor allem auch die deutsche Rechtsprechung ist, die die Situation etwas verkompliziert." Das Urteil sei zu einem Zeitpunkt gekommen, zu dem sich die Situation in Griechenland in wesentlichen Teilen auch schon deutlich verändert und verbessert habe.
Verbände beklagen Zustände in griechische Aufnahmelagern
Nichtregierungsorganisationen und Flüchtlingsverbände beklagen allerdings, dass die Bedingungen in den griechischen Aufnahmelagern noch immer miserabel seien.
In jedem Fall gehen Innenexperten auch aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz davon aus, dass sich der Trend zur irregulären Sekundärmigration noch verstärken wird.