Flüchtlingsverteilung in der EU Seehofer hofft auf breite Unterstützung
Innenminister Seehofer will bei seinen EU-Kollegen für eine Übergangslösung bei der Verteilung von Bootsflüchtlingen werben. Frankreich, Italien und Malta unterstützen das Vorhaben bereits - anders als viele seiner Fraktionskollegen.
"Gemeinsame Absichtserklärung für ein kontrolliertes Notfall-Verfahren": So ist das fünf Seiten umfassende Papier überschrieben, auf das sich Deutschland, Frankreich, Italien und Malta Ende September verständigt hatten. Diese vier Länder und "XXX".
In dem Schriftstück, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, ist ein Platzhalter enthalten, für all jene Länder, die sich ebenfalls an einem europäischen Verteilmechanismus für Flüchtlinge beteiligen wollen. Zumindest an einem Anfangsmodell davon, denn die Vereinbarung bezieht sich nur auf Geflüchtete, die aus Seenot gerettet werden.
"Wir haben eben auch mit dem Problem zu tun, dass es auf hoher See akute Notfälle gibt. Und da, glaube ich, haben wir auch die Verpflichtung, Menschen vor dem Ertrinken zu retten", sagt Bundesinnenminister Horst Seehofer. Er will nun in Luxemburg bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen für diese Vereinbarung werben.
Beim EU-Treffen der Innenminister auf Malta im September konnte Horst Seehofer nur einige Kollegen überzeugen.
Annäherung durch Unverbindlichkeit
Es gehe darum, Zustimmung zu finden in einem möglichst großen Kreis, betont Seehofers Sprecher - der sich gleichzeitig bemüht, die Erwartungen herunterzuschrauben. "Es ist schon rein vom Verfahren her so, dass wir dazu keine Beschlüsse haben können, weil das Thema formell nicht auf der Tagesordnung steht." Man werde also beim Mittagessen die Pläne vorstellen. Und dann wolle der Bundesinnenminister gemeinsam mit seinen Kollegen für eine Annäherung werben.
Damit sich möglichst viele EU-Staaten beteiligen ist die fünfseitige Vereinbarung so unverbindlich wie möglich formuliert: Es geht nur um die Verteilung von Bootsflüchtlingen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet werden. Jedes Land kann - auf freiwilliger Basis - eine gewisse Zahl der Geretteten aufnehmen. Die Vereinbarung ist zeitlich auf sechs Monate befristet. Und sie kann jederzeit einseitig aufgekündigt werden.
Wenig Gegenliebe aus Seehofers Fraktion
Seehofer betont, er wolle vermeiden, "dass dieser Notfallmechanismus missbraucht wird. Da werden wir sehr genau darauf achten. Und sollte er missbraucht werden, dann setze ich diesen Notfallmechanismus außer Kraft." Dieser Aspekt ist Seehofer wichtig. Denn seine Ankündigung, 25 Prozent der aus Seenot Geretteten in Deutschland aufzunehmen, hatte vor allem in der eigenen Fraktion für Unruhe gesorgt.
"Wir dürfen Schlepperorganisatonen nicht ermutigen, mehr zu machen", hatte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus gemahnt und betont, die Initiative gehe von Seehofer aus, nicht von der Unionsfraktion. Und auch Brinkhaus' Stellvertreter Thorsten Frei meint, "Deutschland wäre nicht gut beraten, langfristig einen Anteil X von einer unbekannten Größe aufzunehmen".
Dabei ist diese Zahl, 25 Prozent, nirgends schriftlich festgehalten - auch nicht in der Vereinbarung mit Frankreich, Italien und Malta. Und in der Vergangenheit lagen die Zahlen unter dieser Größenordnung: 225 Personen hat Deutschland in den vergangenen 15 Monaten aufgenommen - von insgesamt rund 2000, die im Mittelmeer gerettet wurden.
"Ich glaube schon, dass wir eine große Chance haben, eine herausragende Aufgabe gemeinsam zu lösen", meinte Seehofer nach der Vereinbarung mit Frankreich, Italien und Malta. Und hofft nun, dass in dem fünfseitigen Papier der Platzhalter "XXX" durch ein paar weitere Länder ersetzt wird.