Nach Präsidentenwahl EU droht Belarus mit neuen Sanktionen
Wegen der mutmaßlich gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus bringt die Europäische Union nun Sanktionen gegen die Regierung in Minsk ins Gespräch. Diese weist indes alle Vorwürfe zurück.
Nach der von Manipulationsvorwürfen und gewaltsamen Protesten überschatteten Präsidentschaftswahl in Belarus erwägt die Europäische Union Sanktionen gegen das Land. Die Wahl am vergangenen Sonntag sei "weder frei noch fair" gewesen, hieß es in einer Erklärung des EU-Außenbeauftragen Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten.
Während des Wahlkampfs hätten die Belarussen "ihren Wunsch nach einem demokratischen Wandel demonstriert", heißt es in der Erklärung. Die Sicherheitskräfte hätten "unangemessene und inakzeptable Gewalt" gegen Demonstranten angewandt. Alle Inhaftierten müssten sofort und bedingungslos freigelassen werden, forderte Borrell. "Die Menschen aus Belarus haben Besseres verdient."
Ungarn könnte Sanktionen blockieren
Man werde die Vorfälle gründlich überprüfen, so Borrell. Das könne auch bedeuten "Maßnahmen gegen jene zu ergreifen, die verantwortlich für die beobachtete Gewalt, ungerechtfertigte Verhaftungen und die Fälschung der Wahlergebnisse sind".
Um die Sanktionen durchzusetzen, müssten allerdings alle 27 EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Als möglicher Verhinderer solcher Maßnahmen gilt Ungarn. Die EU hatte zuletzt im Februar 2016 entgegen der Kritik von Menschenrechtlern zahlreiche Sanktionen gegen die belarussische Regierung beendet. Die nun diskutierten Sanktionen werden voraussichtlich Ende August bei einem informellen EU-Außenministertreffen in Berlin thematisiert.
Minsker Regierung weißt Vorwürfe zurück
Die Regierung aus Minsk weist dagegen alle Vorwürfe von sich. Die schnellen Erklärungen zahlreicher europäischer Politiker seien absolut inakzeptabel, erklärte das Außenministerium in Minsk laut eines Berichts der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. Es werde nicht einmal versucht, die Lage objektiv zu verstehen und Informationen zu überprüfen. "Es ist bereits geplant, schicksalhafte Entscheidungen für die Beziehungen unseres Landes mit der EU zu treffen", hieß es. Die Minsker Regierung forderte das Ausland auf, die Instabilität in der Gesellschaft nicht anzustacheln.
Nach der Präsidentenwahl gingen die Belarussen landesweit auf die Straße, um gegen das Wahlergebnis zu protestieren. Insgesamt wurden mehr als 5000 Menschen festgenommen. Es gab Hunderte Verletzte und mindestens einen Toten.
"Helfen Sie, das Blutvergießen zu beenden"
Nach Angaben der Wahlkommission gewann Alexander Lukaschenko mit rund 80 Prozent der Stimmen gegen seine Herausforderin Swetlana Tichanowskaja. Diese hat Belarus inzwischen verlassen und hält sich in Litauen auf.
Tichanowskajas Mitstreiterin Veronika Zepkalo forderte den Westen auf, die 37-Jährige als Präsidentin anzuerkennen. "Ich appelliere an die Weltgemeinschaft: Bitte helfen Sie, den Wahnsinn in Belarus zu stoppen. Helfen Sie, das Blutvergießen zu beenden."
Auch am dritten Tag in Folge gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Hunderte Menschen beteiligten sich in mehreren Städten an den Protesten. In sozialen Medien wurde berichtet, dass Sicherheitskräfte erneut brutal gegen friedliche Demonstranten vorgingen. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Uniformierte Zivilisten verprügeln und treten.