Auszeichnung des EU-Parlaments Sacharow-Preis für Memorial-Mitarbeiter
Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial erhält den Sacharow-Preis des EU-Parlaments. Die Aktivisten der Organisation sollen damit bei ihrer schwierigen Suche nach Wahrheit und ihrer Hilfe für Opfer von Diskriminierung unterstützt werden. Memorial wurde auf Initiative von Sacharow gegründet.
Von Martin Durm, SWR-Hörfunkstudio Straßburg
Es ist, als würde der Preis zu dem Mann zurückkehren, nachdem er benannt ist - denn die russische Menschenrechtsorganisation Memorial wurde 1988 auf die Initiative von Andrej Sacharow hin gegründet. Ihr damaliger Auftrag: Aufarbeitung der historischen Gewaltherrschaft, Fürsorge für die Überlebenden der sowjetischen Gulags und Einhaltung der Menschenrechte.
Vor allem letzteres, der Kampf für Freiheit und Demokratie in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, ist aktueller denn je und hat heute für Memorial eine zentrale Bedeutung bekommen. Die Organisation führt ihn in Weißrussland, Kasachstan und vor allem in Tschetschenien. Wie gefährlich er ist, zeigte dort im vergangenen Sommer der Mord an der Menschenrechtlerin Natalija Estemirowa. Memorial hatte damals beschlossen, die Arbeit in Tschetschenien einzustellen, dann setzten sich aber die Mitarbeiter vor Ort dafür ein, trotz Lebensgefahr in Grosny weiter zu machen.
Er sei stolz darauf, diesen Preis an diese Organisation verleihen zu dürfen, sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek: "Das Europäische Parlament wolle seinen Beitrag leisten, die Angst zu bekämpfen und für Freiheit einzustehen." Menschenrechtler in Russland könnten nicht frei arbeiten, das sei für ganz Europa eine Tragödie. Er wisse wovon er rede, sagt Buzek, der selbst ein führendes Mitglied der polnischen Solidarnosc war und persönliche Risiken einging.
Memorial ist mittlerweile weltweit aktiv
Es waren die grünen Europaabgeordneten Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit, die Memorial für den Sacharow-Preis vorschlugen, unterstützt wurden sie dabei besonders von polnischen Kollegen im Parlament. Memorial ist mittlerweile eine Menschenrechtsorganisation, die über die Grenzen Russlands hinausreicht, inzwischen gibt es international fast 90 Gruppen, darunter auch eine in Berlin. Die Arbeit von Memorial wird inzwischen von der amerikanischen Ford-Stiftung genauso unterstützt wie von der Heinrich-Böll-Stiftung in Deutschland.
Als Memorial vor mehr als 20 Jahren im Zeichen der Perestroika gegründet wurde, kämpfte Andrej Sacharow dafür, vor der früheren KGB-Zentrale in Moskau ein Denkmal errichten zu dürfen. Es ging ihm darum, die Opfer des Stalinismus zu ehren. Nun wird Memorial geehrt.