Russlands Forderung von EU-Fluggastdaten Moskaus Datenhunger irritiert EU
Wann dürfen Terrorfahnder die Daten von Fluggästen auswerten? Bislang gelten in der EU strenge Datenschutzregeln. Jetzt will Russland von Europas Airlines Daten über die Passagiere. Sollte es keine Einigung geben, droht ein Flugverbot. Brüssel ist verärgert.
Das Ansinnen Moskaus, künftig die Daten von Russland-Reisenden übermittelt zu bekommen, sorgt für Ärger in Brüssel. "Natürlich sind wir sehr besorgt darüber", sagte der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Nach EU-Recht sind die Daten von Passagieren geschützt und dürfen nicht ohne weiteres weitergeben werden. Zudem hat Russland die EU über ihre Pläne nicht informiert.
Die "Süddeutschen Zeitung" hatte berichtet, dass Russland von Juli an Fluggesellschaften, die russisches Gebiet überfliegen oder dort landen oder starten, dazu verpflichten will, den Behörden in Moskau Daten der Passagiere zu übermitteln. Die EU-Kommission hat inzwischen bestätigt, dass Russland europäische Airlines zu der Weitergabe aufgefordert habe. Dazu zählen persönliche Daten, die ein Passagier bei der Buchung angibt, wie etwa Name, Adresse, Kreditkartennummer und Kontaktdaten am Zielort. Polizeibehörden könnten diese Daten dann im Kampf gegen Terroristen und Schwerverbrecher auswerten.
Airlines kämen in einen Konflikt
Das Thema belastet auch das Gipfeltreffen zwischen der EU und Russland heute und morgen. Die EU forderte Russland auf, seine Pläne zunächst nicht weiterzuverfolgen. Sollte diese Frage ungelöst bleiben, bedrohe sie den Weg zu Reiseerleichterungen, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton der Agentur Interfax.
Auch Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar kritisierte die russische Forderung. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage, betonte er.
Letztlich droht Moskau nach Angaben aus Kommissionskreisen den Fluglinien aus EU-Ländern mit einem Verbot, russische Flughäfen oder den russischen Luftraum zu nutzen. Airlines kämen in einen Konflikt zwischen dem Recht der EU und dem der Russischen Föderation. Der Sprecher bedauerte, dass Russland die EU-Kommission nicht informiert habe, eine Anfrage aus Brüssel vom März blieb unbeantwortet.
Noch keine Maßnahmen in Kraft
Der Kommissionssprecher betonte, dass derzeit noch keine Maßnahmen in Kraft seien. Die EU-Kommission - die erst von Fluggesellschaften informiert wurde - stehe in Kontakt mit Moskauer Behörden.
Denkbar wäre eine solche Regelung nur auf Basis eines Datenschutzabkommens, wie es mit den USA seit Mitte 2012 in Kraft ist. Es regelt, dass Europas Airlines für alle Flüge in die USA 19 Daten ihrer Passagiere an US-Behörden weitergeben. So erhalten amerikanische Polizeifahnder Zugriff auf die Daten, um sie im Kampf gegen Verbrechen auszuwerten.
Wer als EU-Bürger nach Russland reist, muss schon jetzt ein Visum beantragen und eine Reihe an persönlichen Daten angeben. Die neuen Vorgaben würden die Airlines aber direkt dazu verpflichten, Daten weiterzugeben - selbst bei einem Überflug.
Das Europaparlament blockiert derzeit eine EU-Richtlinie zur Verwendung von Fluggastdaten innerhalb der EU. Dabei geht es um Passagiere, die in die EU ein- oder ausreisen. Kommende Woche wird das Parlament erneut darüber beraten.