Dekret des Kremls Putin lockt Ostukrainer mit Pass
Russland baut seinen Einfluss in der Ostukraine weiter aus: Bewohner der von Separatisten kontrollierten Gebiete sollen leichter einen russischen Pass bekommen. Die Ukraine will das mit Hilfe der UN verhindern.
Moskau hat die Regeln zur Erlangung der russischen Staatsbürgerschaft für Bewohner der Ostukraine erleichtert. Ein entsprechendes Dekret unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin, wie der Kreml mitteilte.
Damit baut Russland seinen Einfluss in den Gebieten weiter aus. Demnach können Einwohner mit ständigem Wohnsitz in "einzelnen Kreisen" der Gebiete von Donezk und Luhansk in einem "vereinfachten Verfahren" russische Staatsbürger werden. In der Mitteilung ist von einer schnellen Prüfung der Unterlagen die Rede.
Die Provokation aus Moskau kommt kaum eine Woche nach dem Wahlsieg des künftigen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Kiew ruft UN-Sicherheitsrat an
Die Ukraine wehrt sich: Sie wolle den UN-Sicherheitsrat anrufen, teilte der Botschafter der Ex-Sowjetrepublik bei den Vereinten Nationen, Wladimir Jeltschenko, mit. Er habe sich auf Anweisung des scheidenden Präsidenten Petro Poroschenko an den UN-Sicherheitsrat gewandt. "Dieser dreiste Schritt widerspricht den vom Sicherheitsrat anerkannten Minsker Vereinbarungen."
Selenskyj forderte die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. "Die Ukraine zählt auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft (...) und auf eine Verschärfung des diplomatischen Drucks sowie der Sanktionen gegen Russland", hieß es in einer Erklärung des Wahlsiegers.
Außenminister Pawel Klimkin twitterte: "Ich rufe die ukrainischen Bürger der von Russland besetzten Gebiete auf, die russischen Pässe nicht anzunehmen. Russland hat Euch das Heute genommen und vergreift sich jetzt an der Zukunft."
Moskau hatte bereits von den Separatistenbehörden ausgegebene Dokumente wie Geburtsurkunden oder Fahrzeugscheine anerkannt, was international kritisiert wurde. Über den Erlass war seit geraumer Zeit in russischen und ukrainischen Medien spekuliert worden.
Parallelen zu Transnistrien und Südossetien
In Kiew befürchtet man dadurch ein Einfrieren des Konflikts ähnlich wie im moldauischen Transnistrien. In dem 1990 von Moldau abgespaltenen Gebiet hat der Großteil der Einwohner ebenfalls die russische Staatsbürgerschaft. Bei einer Eskalation des Konflikts könnte der Kreml gemäß seiner Doktrin direkt die russische Armee unter dem Vorwand des Schutzes der eigenen Staatsbürger einsetzen - ähnlich wie im georgischen Südossetien im August 2008.
Nach dem Krieg mit Russland hatte Georgien 2008 die Kontrolle über seine abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien verloren. Anschließend erkannte Russland die Gebiete als unabhängige Staaten an. Auch im Ukraine-Konflikt besteht die Möglichkeit, dass Russland die von der Ukraine abgespaltenen Regionen offiziell anerkennt. Im Osten der Ukraine sind seit 2014 infolge der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den von Moskau unterstützten Rebellen nach UN-Schätzungen rund 13.000 Menschen getötet worden.