Besuch in Warschau Buschmann für "enge Kooperation" mit Polen
Inmitten der schwierigen Umbruchsituation in Polen hat Justizminister Buschmann das Nachbarland besucht. Er bekräftigte, wieder eine engere Zusammenarbeit anzustreben - war aber auch bemüht, kein Öl ins Feuer zu gießen.
Als erstes Mitglied der Bundesregierung ist Justizminister Marco Buschmann zu einem Besuch bei der neuen Regierung nach Polen gereist. In der Hauptstadt Warschau wurde der FDP-Politiker von seinem polnischen Amtskollegen Adam Bodnar begrüßt.
"Die gesamte deutsche Regierung findet es sehr beeindruckend, wie engagiert und entschlossen Polen in das Zentrum Europas zurückkehrt", sagt Buschmann mit Blick auf den Regierungswechsel im Nachbarland. Er habe mit Bodnar vereinbart, eine "enge Kooperation wieder aufzunehmen". Zudem habe man über die gemeinsame Verantwortung für die Ukraine gesprochen.
Umbruch in Polen
Polen befindet sich derzeit in einer Umbruchsituation. Die Mitte-Links-Regierung mit ihrem Ministerpräsidenten Donald Tusk hat Mitte Dezember nach acht Jahren die nationalkonservative PiS-Regierung abgelöst, die immer wieder Stimmung gegen Deutschland und die EU gemacht hatte.
In der neuen Regierung hat Bodnar den vielleicht schwierigsten Job: Der 47-jährige Verfassungsrechtler, der bis 2021 Polens Beauftragter für Menschenrechte war, soll die umstrittene Justizreform der abgewählten PiS-Regierung rückgängig machen. Wegen dieser Reform lag Polen über Jahre im Clinch mit der EU-Kommission.
Nominierung der Richter soll von Politik entkoppelt werden
Bodnar hat angekündigt, dass die Nominierung von Richtern wieder von der Politik entkoppelt werden soll. Im Jahr 2018 hatte die PiS-Regierung eine Reform eingeführt, nach der 15 der insgesamt 25 Mitglieder des Landesjustizrates durch das Parlament ernannt wurden. Der Landesjustizrat ist das Gremium, das Richter für freiwerdende Stellen nominiert; zuvor hatten Richter die Mehrheit der Mitglieder bestimmt. Nach der Reform 2018 kritisierte der Europäische Gerichtshof (EuGH), es gebe erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit dieses Organs.
Nach der von Bodnar vorgestellten neuen Reform sollen künftig wieder allein die Richter über die Zusammensetzung des Landesjustizrats entscheiden. Ein entsprechendes Gesetz muss allerdings zunächst die beiden Kammern des Parlaments passieren und dann von Präsident Andrzej Duda unterzeichnet werden. Dieser stammt aus den Reihen der PiS und könnte das Projekt torpedieren.
Kein Kommentar von Buschmann
Bodnar hatte diese Woche in einem Interview mit "Zeit Online" gesagt, das polnische Verfassungsgericht werde benutzt, "um bestimmte politische Ziele durchzusetzen". Er fügte hinzu: "Ich hoffe, wir werden das eines Tages ändern können, aber noch sind wir nicht so weit."
Von Journalisten auf den Machtkampf in Polen angesprochen, sagte Buschmann, er wolle polnische Innenpolitik nicht kommentieren. Die neue Regierung habe "sehr viele, sehr mutige Entscheidungen getroffen, mit der absoluten Überzeugung, Rechtsstaatlichkeit zu stärken".
Pro-palästinensische Proteste während Rede
Bei seinem Vortrag in einem Hörsaal der juristischen Fakultät der Universität Warschau war Buschmann mit lautem Protest propalästinensischer Studenten empfangen worden. Kurz nach dem Beginn seiner Rede standen etwa ein Dutzend Studierende auf und entrollten Plakate, auf denen sie gegen die israelische Militäroperation im Gazastreifen protestierten. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie "Wir verlangen einen dauerhaften Waffenstillstand, um das Leben von Zivilisten zu retten" und "Beendet Deutschlands bedingungslose Unterstützung für die israelische Regierung".
Buschmann wies "Völkermord"-Vorwürfe der Studierenden gegen Israel zurück und forderte die Protestierenden auf, ihm zuzuhören. Diese riefen weiter durcheinander und verließen schließlich den Saal. Anschließend konnte Buschmann seinen Vortrag fortsetzen.