Pistorius in Niger Im Gespräch bleiben
Niger wird seit Ende Juli von Militärmachthabern regiert. Verteidigungsminister Pistorius signalisierte bei seinem Besuch im Land Gesprächsbereitschaft - auch, weil noch deutsche Soldaten dort stationiert sind.
Es war ein erstes, vorsichtiges Abtasten mit den neuen Machthabern in Niger. Doch das Wort Hoffnung ist eines, das Boris Pistorius nach den politischen Gesprächen gleich mehrfach verwendet.
Der Verteidigungsminister berichtet zwar von einer Unterredung "unter erschwerten Rahmenbedingungen" nach dem Treffen mit seinem nigrischen Amtskollegen Salifou Modi. Und er lässt damit auch nicht unerwähnt, dass man es mit einer Militärregierung zu tun hat, die durch Putsch an die Macht gelangt war.
Doch Pistorius bilanziert das Gespräch dann auch mit den Worten: "Eines, das Hoffnung macht für eine Fortsetzung der guten Beziehungen - unter den Gegebenheiten, mit denen wir es zu tun haben." Womit der SPD-Politiker daran erinnerte, dass Niger vor dem Putsch einst zu den engsten Partnern in der Sahel-Region gezählt hatte.
Deutschland blickt auf Niger
Von dieser engen Partnerschaft kann zwar heute keine Rede mehr sein. Aber Pistorius ließ keinen Zweifel daran, dass Deutschland durchaus ein Interesse daran hat, bei bestimmten Projekten weiter mit der Militärregierung zusammenzuarbeiten.
Das betrifft unter anderem den Bau eines Krankenhauses, vor allem aber den Lufttransport-Stützpunkt in der Hauptstadt Niamey, an dem derzeit noch immer rund 120 deutsche Soldaten ausharren, die Pistorius am Nachmittag besucht hat.
Er habe signalisiert, dass Deutschland ein Interesse daran habe, den Stützpunkt zu behalten, so der Verteidigungsminister: "Die nigrische Seite habe ich so verstanden, dass sie sich das auch sehr gut vorstellen kann." Hoffnung also auch hier. Nigers Verteidigungsminister Modi, der gleichzeitig General ist, drückte sich etwas allgemeiner aus: "Wir sehen weiterhin Projekte, die wichtig sind".
Arbeitsgruppen sollen nun im neuen Jahr die Möglichkeiten prüfen. Dass man mit den neuen Machthabern in Niamey im Gespräch bleiben möchte, daran ließ Boris Pistorius bei seinem Besuch jedenfalls keinen Zweifel.
Ein diplomatischer Drahtseilakt
Für die Bundesregierung ist das durchaus eine Gratwanderung: Zum einen will man - gerade nach dem Abzug der Bundeswehr aus Mali - den Sahel nicht völlig sich selbst oder auch Russland überlassen, das seinen Einfluss in der vom islamistischen Terror erschütterten Region gerade massiv ausbaut. "Wie es im Sahel aussieht, davon hängt auch unsere Sicherheit in Europa ab", erklärte erst vor wenigen Tagen der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner. Politisch und zivil will Deutschland also weiter in der Region engagiert bleiben.
Gleichzeitig bergen hochrangige Besuche wie der des Verteidigungsministers stets die Gefahr, dass sie von den Putschisten propagandistisch ausgeschlachtet werden. Kontakt halten, ja - aber mit Fingerspitzengefühl, muss deshalb die Devise lauten: "Jedwede vertiefte Kooperation erfordert natürlich einen glaubwürdigen, messbaren, ernsthaften Willen der dortigen Machthaber, der dortigen Regierungen, zu einer Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung." So hatte der Vertreter des Auswärtigen Amts, Tobias Lindner, schon mal vorab den Spielraum für Gespräche abgesteckt.
Rückkehr zur Demokratie
Fingerspitzengefühl ist übrigens auch erforderlich, damit die Bundesregierung sich nicht den Ärger wichtiger Bündnispartner zuzieht. Dabei geht es weniger um die USA: Die haben ihre Soldaten im Land belassen und scheinen durchaus gewillt, in Sachen Sicherheit die Zusammenarbeit mit dem Regime in Niger wieder aufzunehmen - wenn dieses denn einen glaubwürdigen Fahrplan für die Rückkehr zur Demokratie vorlegt.
In Paris hingegen wünscht man sich eigentlich einen härteren europäischen Kurs gegenüber der Militärregierung. Die Putschisten werfen die Franzosen derzeit buchstäblich aus dem Land, bis Ende der Woche sollen alle französischen Soldaten Niger verlassen haben.
Und in Berlin wird man sich hüten wollen, seinen wichtigsten europäischen Partner zu vergraulen. Klar ist, dass die EU gerade dabei ist, sich eine neue Sahel-Strategie auszudenken. Bis die aber fertig ist, dürfte es noch viele Diskussionen geben.