Philippinen Dutertes schärfste Gegnerin angeklagt
Glaubt man Präsident Duterte, dann sind die Philippinen ein einziger riesiger Drogensumpf, den er mit allen Mitteln trockenlegen will. Senatorin de Lima hat seine Gewaltorgie von Anfang an scharf kritisiert - und wird nun selbst wegen Drogenvergehens angeklagt. Doch de Lima will auch künftig nicht schweigen.
Von Holger Senzel, ARD-Studio Südostasien
Es ist die Topmeldung in den philippinischen Nachrichten: Die Staatsanwaltschaft Manila erhebt Anklage gegen Senatorin Leila de Lima. Sie soll Geld von Drogenbaronen genommen haben. Glauben tut das kaum ein politischer Beobachter - aber ebenso wenig überrascht es.
Präsident Rodrigo Duterte brachte ihre angebliche Verwicklung in Drogengeschäfte immer wieder ins Spiel - wenn die Senatorin seinen blutigen Kampf gegen Dealer und Süchtige scharf kritisierte: "Es wundert mich nicht, dass sie gegen den Anti-Drogen-Krieg ist. Aber wer selbst soviel Dreck am Stecken hat, sollte lieber schweigen bis ans Ende aller Tage."
Drogengeschäfte - das scheint der Universalvorwurf auf Dutertes Philippinen zu sein. Ob missliebige Staatsanwälte, Richter, Polizisten oder Politiker - viele werden angeklagt, weil sie Drogengelder genommen haben sollen. Das mag Zufall sein - auffällig ist es schon.
Will auch weiterhin nicht schweigen: Die philippinische Senatorin Leila de Lima
Mord ist Mord
De Lima hat Duterte von Anfang an bekämpft. Sein ständiges Gerede vom Abschlachten der Drogendealer, seine Appelle an die Polizei, mit der Dienstwaffe zu töten - das alles sei schrecklich und ausgesprochen verstörend. Sie berief sogar einen Untersuchungsausschuss gegen ihn ein, weil er als Bürgermeister von Davao die Stadt von Todesschwadronen habe aufräumen lassen. Dass er dem Land einen Gefallen tue, wenn er - so Duterte einmal wörtlich - "die Bucht von Manila mit den Leichen von Kriminellen fülle".
Das ließ die Senatorin nicht gelten: "Töten ist Töten und Mord ist Mord - und wenn Herr Duterte gegen Gesetze verstoßen hat, muss er sich dafür verantworten." Am Ende war alles noch schlimmer: Um seinen Polizisten ein Beispiel zu geben, habe er auch persönlich getötet, gab geradezu stolz zu. Er sei mit einem Motorrad durch die Stadt gefahren, auf der Suche nach Ärger, um jemanden erschiessen zu können. Geschadet hat ihm das nicht.
Gesungene Drohungen
Die Senatorin allerdings war ihren Job als Ausschussvorsitzende los. Der Senat wählte sie wegen Korruptionsvorwürfen mit großer Mehrheit ab. Zum Schweigen brachte sie das nicht, auch wenn Duterte sie immer wieder unverhohlen warnte. "Sie ist ein offenes Buch für mich, eine absolut unmoralische Person", sagte er einmal und stimmte dann - was viele durchaus als Drohung begriffen - den Song "killing me softly" an.
De Lima will auch künftig nicht schweigen. Selbst wenn sie mit ihrer Freiheit bezahlen müsse für den Widerstand gegen die Schlachterei des Duterte-Regimes, sagte sie nach der Anklageerhebung. "Mein Kampf endet hier nicht. Er hat gerade erst begonnen." Viele Mitstreiter dürfte sie für diesen Kampf nicht finden. Die große Mehrheit der Philippiner findet Duterte und seine Politik der harten Hand nach wie vor gut. Sie haben ihn genau dafür gewählt. Demokratie und Rechtsstaat - das zeigen die Philippinen sehr deutlich - sind nicht in jedem Fall dasselbe.