Schärfere Gesetze gegen Islamisten Kein Personalausweis, kein Terror?
Um die Ausreise von Islamisten zu stoppen, soll Terrorverdächtigen der Ausweis entzogen werden können. Doch kann man Dschihadisten tatsächlich damit an der Aus- oder Wiedereinreise hindern? Das berät heute der Bundestag.
Katrin Göring-Eckardt schüttelt den Kopf. Die Grünen-Fraktionschefin hält nichts vom neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Terrorverdächtigen den Personalausweis abnehmen? Und ihnen dann ein Ersatzdokument in die Hand drücken, auch noch für zehn Euro Verwaltungsgebühr?
"Das wird nicht dazu führen, dass man Gefahren abwehrt", sagt Göring-Eckardt. Dieser Ausweis werde nur dazu führen, dass man sich erst recht damit identifiziert. "Man ist dann so zusagend staatlich anerkannter Dschihadist." Man solle nicht glauben, dass jemand, der einen Anschlag plant, einfach sagt, "bitteschön hier ist mein Personalausweis", wenn an der Wohnungstür geklingelt wird. "Der wird sagen: 'Ich hab ihn gestern verloren.' Ich glaube, dass ist eher Symbolpolitik nach innen, statt dass es für mehr Sicherheit sorgt", so die Grünen-Politikerin.
Innenminister Thomas de Maizière sieht das anders. Er will nicht hinnehmen, dass auch aus Deutschland immer mehr radikalisierte Islamisten versuchen, über die Türkei nach Syrien und in den Irak zu gelangen. "Es kann nicht sein, das wir sagen, es sollen die Konflikte von anderswo nicht auf unsere Straßen getragen werden, wenn wir selber einen Beitrag dazu leisten, dass von uns diese brutale Gewalt nach Syrien und in den Irak gebracht wird."
"Gelernt zu hassen und zu töten"
Rund 600 gewaltbereite Islamisten sollen bisher aus Deutschland in diese Kampfgebiete ausgereist sein. Etwa 150 bis 200 von ihnen seien zurückgekehrt, zahlreiche davon kampferprobt. "Gelernt zu hassen, zu töten, zu kämpfen - sie sind vernetzt, gut ausgebildet und möglicherweise bereit, ihr Wissen mit anderen Anhängern zu teilen. Wir müssen verhindern, dass diese radikaliserten Kämpfer ihren Dschihad erfolgreich in unsere Städte tragen", so de Maizière.
Dazu sollen Behörden, konkret die Ordnungsämter, künftig Verdächtigen für maximal drei Jahre den Personalausweis abnehmen können. Zum Beispiel bei Hinweisen, dass sie Terrorvereinigungen angehören oder diese unterstützen. Bisher war es nur möglich, den Pass zu entziehen.
Dieser neue Schritt ist wichtig, sagt Christine Lambrecht, die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD: "Es ist eine Lücke, die wir schließen, weil es auch Ausreisemöglichkeiten gibt, bei denen ich keinen Reisepass brauche, sondern mit dem Personalausweis ausreisen kann."
Dazu soll künftig schon die Absicht, in ein Terrorcamp zu reisen, strafbar sein. Genauso wie Spenden für Terrororganisationen, auch kleine Beträge. Die Gefahr, dass sich mutmaßliche Djihadisten sich mit dem geplanten Ersatzdokument für den Personalausweis brüsten könnten, sieht Lambrecht nicht: "Ich glaube nicht, dass das vorzeigen irgendeines Ausweises irgendeine Bedeutung hat."
Der Bundestag debattiert die Pläne heute, und auch der Bundesrat wird sich noch damit befassen. Das Gesetz an sich ist zwar nicht zustimmungspflichtig. Aber in der Praxis sind die Länder zuständig für den Ausweisentzug – und müssen entsprechende Verordnungen ändern. Es wird also noch eine Weile dauern, bis Terrorverdächtigen tatsächlich Personalausweise abgenommen werden.