FIFA-Chef in den "PanamaPapers" Infantinos Geschäfte mit den TV-Rechten
Der neue FIFA-Chef Gianni Infantino will mit der korrupten Vergangenheit des Verbands aufräumen. Doch alte Vermarktungsrechte-Verträge aus seiner Zeit als Leiter der UEFA-Rechtsabteilung werfen nun Fragen auf. Infantino wies am Abend alle Vowürfe zurück.
Mit dem Versprechen, den in Verruf geratenen Verband zu reformieren, trat Gianni Infantino Ende Februar sein Amt als FIFA-Präsident an. Eine "neue Ära" wolle er einleiten, so Infantino in seiner Antrittsrede, in der "endlich wieder der Fußball im Mittelpunkt steht". Ein Vertrag aus dem September 2006 kann Infantino jetzt in Erklärungsnot bringen. Der Schweizer war damals noch beim europäischen Fußballverband UEFA angestellt. Er leitete zu diesem Zeitpunkt die Rechtsabteilung, drei Jahre später stieg er zum Generalsekretär des Verbands auf.
UEFA schließt Vertrag mit Briefkastenfirma auf Niue
Zu Infantinos Aufgaben bei der UEFA gehörte es, Verträge wie den aus dem September 2006 zu prüfen und zu unterzeichnen. Vertragspartner der UEFA war damals eine Firma mit dem Namen "Cross Trading S.A.", eine Briefkastenfirma mit Sitz auf der Südseeinsel Niue. Der Vertrag sowie weitere Unterlagen zu der Firma sind Bestandteil der "PanamaPapers", die NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" ausgewertet haben. Der Vertrag belegt, dass die UEFA zwischen 2006 und 2009 Übertragungsrechte für die Champions League offenbar deutlich unter Marktwert an jene Briefkastenfirma verkaufte. Die "Cross Trading" hat die Rechte mit hohen Aufschlägen an eine TV-Station in Ecuador weiter verkauft. Ähnliche Verträge gibt es in den Unterlagen auch noch für die Rechte des "Uefa-Cups" und des "Super Cups" im gleichen Zeitraum. Die "Cross Trading" hat die Rechte zum Teil zum drei- bis vierfachen Preis weitergereicht und so mehrere hunderttausend US-Dollar eingestrichen.
Die Gewinne flossen wohl in die Kasse von Hugo Jinkis und seinem Sohn Mariano. Die beiden Argentinier sind als wirtschaftliche Berechtigte für die Briefkastenfirma eingetragen. Familie Jinkis ist tief in den FIFA-Bestechungsskandal verwickelt. Die beiden wurden von Interpol gesucht, saßen kurzzeitig in Untersuchungshaft und warten nun auf ihren Prozess.
Das FBI wirft ihnen vor, Funktionäre von Fußballverbänden bestochen zu haben, um günstig von ihnen Übertragungsrechte kaufen zu können. Die haben sie dann - wie auch die UEFA-Rechte - mit hohen Aufschlägen weiterverkauft. Dabei, so die US-Behörde, soll eine Briefkastenfirma namens "Cross Trading" dazu genutzt worden sein, die Schmiergelder auszuzahlen. Ob es sich dabei um dieselbe Firma handelt, die auch den Vertrag mit der UEFA machte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Vater und Sohn Jinkis haben über den Anbieter Mossack Fonseca mindestens drei Briefkastenfirmen in unterschiedlichen Ländern aber mit nahezu identischen Namen gegründet. Ob UEFA-Funktionäre im Zusammenhang mit den vorliegenden Verträgen bestochen worden sind, geht aus den "PanamaPapers" nicht hervor.
Infantino hat unterschrieben
Die Verkäufe 2006 zumindest gingen an die "Cross Trading" gingen auch über den Schreibtisch von Infantino. Sein Name steht auf dem Dokument, neben dem Namen des damaligen Vize-Generalsekretärs der UEFA - und eben neben dem von Hugo Jinkis. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher von Infantino zunächst, Infantino habe "mit keiner der unten genannten Personen oder Organisationen geschäftlich oder wissentlich anderweitig zu tun gehabt". Genannt waren in in dieser Anfrage auch Hugo und Mariano Jinkis. Später erklärte ein Sprecher, Infantino habe nach der Konfrontation der Reporter schlicht seinen ehemaligen Arbeitgeber gefragt, was er sagen solle. "Die Antwort basierte ausschließlich auf Informationen, die bei der UEFA erfragt worden sind."
Die UEFA bestätigte schließlich nach mehreren Nachfragen, dass sie das Geschäft damals mit der Jinkis-Firma abgeschlossen hat und auch, dass Infantino dafür mitverantwortlich war. Nur wenige Wochen zuvor hatte auch die Uefa auf Anfrage von NDR, WDR und SZ noch gesagt, sie hätte niemals Geschäfte mit Hugo oder Mariano Jinkis gemacht. Dabei zeigen die "PanamaPapers" ganz klar, dass sowohl Hugo Jinikis als auch die UEFA-Rechtsabteilung den Vertrag unterschrieben haben.
"I am dismayed and will not accept that my integrity is being doubted by certain areas of the media, especially given that UEFA has already disclosed in detail all facts regarding these contracts.
As I previously stated, I never personally dealt with Cross Trading nor their owners as the tender process was conducted by Team Marketing on behalf of UEFA. I would like to state for the record that neither UEFA nor I have ever been contacted by any authorities in relation to these particular contracts.
Moreover, as media themselves report, there is no indication whatsoever for any wrongdoings from neither UEFA nor myself in this matter."
UEFA rudert zurück
Damit konfrontiert, erklärt der Verband: Man habe schlicht nicht gewusst, dass hinter "Cross Trading" die Herren Jinkis standen. Nachdem die "Süddeutsche Zeitung" die UEFA erneut mit dem Inhalt des Rechte-Vertrags konfrontiert hatten, schrieb ein Sprecher: "Im Zuge einer kürzlichen Durchsicht unserer unterschiedlichen geschäftlichen Verträge haben wir festgestellt, dass fraglichen Verträge von Hugo Jinkis unterschrieben worden sind." Das sei indes irrelevant - damals habe gegen Jinkis nichts vorgelegen.
Zwar stimmt es, dass Hugo Jinkis erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Fokus der Ermittler geriet. Es stellt sich aber die Frage, warum die UEFA Fernsehrechte deutlich unter Marktwert verkauft und dann auch noch ausgerechnet an eine Firma, deren wirtschaftlich Berechtigten sie überhaupt nicht kennt. Das gilt insbesondere für einen Milliarden-Betrieb wie die UEFA. Zuständig für solche Fragen wäre dort vermutlich - wie in anderen Häusern auch - die Rechtsabteilung.
Übliche Weiterlizensierung
In seinen Statuten zum Verkauf der Übertragungsrechte schrieb die UEFA damals ausdrücklich, dass man nur an "Übertragungsanstalten, die die nötige Infrastruktur, Reichweite, Ressourcen und das Ansehen haben", verkaufe. Und auf seiner Webseite schrieb der Verband damals zum Thema Fernsehrechte: "Zusätzlich verfolgt die UEFA eine transparente Kommunikations- und Werbepolitik, um den eigenen Entscheidungsfindungsprozess für alle nachvollziehbar zu machen." Auf Anfrage erklärte die UEFA, dass es sich bei dem Geschäft um eine übliche "Weiterlizensierung" gehandelt habe. Zu den Verträgen, die "Cross Trading" mit den Fernsehsendern letztlich geschlossen habe, kenne man jedoch keine Details.
Die Details liefern jetzt die "PanamaPapers". Aus den Unterlagen geht hervor, dass "Cross Trading" sich mit jenem Vertrag vom 13. September 2006 die Rechte an der Übertragung von drei Champions-League-Saisons im ecuadorianischen Fernsehen sicherte: Der vereinbarte Preis betrug 111.000 US-Dollar. Schon Monate vorher allerdings hatte die "Cross Trading" offenbar die gleichen Rechte für 311.700 US-Dollar an den Fernsehsender Teleamazonas weiterverkauft. Warum "Cross Trading" sich schon vor Vertragsabschluss so sicher sein konnte, den Zuschlag der UEFA zu erhalten, darauf finden sich in den Unterlagen keine Hinweise.
UEFA: "Keine Unregelmäßigkeiten"
Ein Jahr darauf kaufte "Cross Trading" die Rechte an drei Spielzeiten des UEFA-Cups und zwei Super-Cup-Turnieren für 28.000 US-Dollar. Teleamazonas waren diese Übertragungen später 126.200 US-Dollar wert. Das bedeutet, dass Vater und Sohn Jinkis über ihre Briefkastenfirma mit wenigen Unterschriften mehr als 300.000 US-Dollar verdient haben. Für die Jahre 2003 bis 2006 sind die Unterlagen unvollständig. Laut einer Person, die bei Teleamazonas mit den Vorgängen vertraut ist, zahlte der Sender in jenen Jahren aber mindestens 400.000 US-Dollar an "Cross Trading".
Die UEFA weist jeglichen Verdacht auf Unregelmäßigkeiten von sich. Die Übertragungsrechte seien in ordentlichen Auktionen vergeben worden. "Es war nie etwas merkwürdig mit Verträgen, die wir unterschrieben haben und gegen uns wurde auch nie wegen Fehlverhaltens irgendeiner Art ermittelt", erklärte ein Sprecher. Hugo und Mariano Jinkis haben Fragen zu den Geschäften nicht beantwortet. Auch der Fernsehsender Teleamazonas äußerte sich nicht zu den Verträgen.