Mittelmeer-Mission "Sophia" Der EU fehlt der Rettungsanker
Was folgt auf die Ankündigung Deutschlands, sich aus "Sophia" zurückzuziehen? Der EU fehlt ein klares Konzept, um ihre Mittelmeer-Mission am Leben zu halten. Doch es hängt vor allem an Italien.
Brüssel will bislang keinen deutschen Rückzug aus der Marine-Mission "Sophia" im Mittelmeer erkennen. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos formulierte das so:
Deutschland wird weiter dabei sein. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass sich das in Zukunft ändern sollte.
Seit 2015 sind europäische Marineschiffe, Hubschrauber und Flugzeuge im Mittelmeer im Einsatz, um vor allem gegen Schlepperbanden vorzugehen, die Flüchtlinge aus Libyen nach Europa bringen. Zusätzlich soll sich der Einsatz auch gegen den Öl- und Waffenschmuggel in die Europäische Union richten.
Doch inzwischen ist die Mission geschrumpft: Neben der deutschen Fregatte "Augsburg" sind nur noch drei Schiffe beteiligt. Belgien etwa hat sich bereits aus dem Einsatz zurückgezogen - von belgischer Seite hieß es heute, die "Sophia"-Mission gerate offenbar zunehmend in Schwierigkeiten.
Dauerstreitpunkt: Wo dürfen Rettungsschiffe anlegen?
Tatsächlich hat "Sophia" sich von Anfang an auch an der Rettung von Flüchtlingen beteiligt, die bei ihrem Weg über das Mittelmeer in Seenot geraten sind. Und deshalb wird um die Mission schon seit Längerem gestritten. Vor allem Italien möchte ein Ende des Einsatzes und verlangt, dass Flüchtlinge nach ihrer Rettung nicht automatisch ans italienische Festland gebracht werden. Dass auch Schiffe privater Hilfsorganisationen im Mittelmeer mit Flüchtlingen an Bord in den vergangenen Monaten immer wieder einen sicheren Hafen in Europa suchen mussten, hat diese Diskussion noch verstärkt.
Der deutsche Rückzug sorgt nun für Spekulationen, dass "Sophia" bald enden könnte. Das liegt allerdings weniger in deutscher Hand, sondern vor allem in italienischer. "Wenn Italien als kommandierende Nation für 'Sophia' entscheidet, diese Operation zu beenden, dann kann Italien das so entscheiden", fasst es Migrationskommissar Avramopoulos zusammen.
Aus Sicht vieler Hilfsorganisationen würde Europa damit allerdings bewusst in Kauf nehmen, dass mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken. Der SPD-Europaparlamentarier Knut Fleckenstein sieht das zwar nicht so, gibt sich aber trotzdem nachdenklich: "Ich glaube, es ist richtig, ein Zeichen dafür zu setzen, dass all diese Schiffe Sinn machen, wenn man auf der anderen Seite auch weiß, wohin man die Flüchtlinge bringen kann."
Mission läuft noch bis Ende März
Und genau das weiß im Moment in Europa niemand - was der Streit um die Häfen für Rettungsschiffe belegt. Für die grüne Europa-Parlamentariern Ska Keller hat die "Sophia"-Mission ihren eigentlich Zweck bereits erfüllt: Im Moment würden kaum noch Menschen gerettet, weil es immer wieder Streit um mögliche Anlegehäfen gebe. Darum fordert Keller "endlich ein Europäisches Seenotrettungsprogramm, in dem auch die Aufnahme der Flüchtlinge geregelt ist, sodass es eine faire Verteilung der Flüchtlinge gibt."
Tatsächlich läuft das "Sophia"-Mandat noch bis Ende März, dann müsste es verlängert werden. Wahrscheinlich zu neuen Bedingungen.