Erdbeben in Mexiko "Wir sind einfach nur gerannt"
ARD-Korrespondentin Xenia Böttcher hat in Mexiko-Stadt gerade an einem tagesschau-Beitrag gearbeitet, als dort die Erde bebte. Auch Einheimische, die schon Beben miterlebt hätten, seien erschrocken über die heftigen Erschütterungen. Die Menschen suchten mit bloßen Händen nach Verschütteten.
ARD-Morgenmagazin: Wie haben Sie das Beben erlebt?
Xenia Böttcher: Es war wirklich gar kein schönes Erlebnis. Wir hatten wegen des letzten Erdbebens vor zwei Wochen auf unserem Handys Apps installiert, die uns warnen. Und wir hatten gerade einem Beitrag für die tagesschau fertig geschnitten über den Hurrikan "Maria", als plötzlich diese App ansprang. Im gleichen Moment höre ich die Kollegen schreien und rufen 'raus raus raus'. Und ich fühle in dem Moment schon, wie der Boden unter den Füßen schwankt, dass ich kein Gleichgewicht mehr habe.
Dann sind wir einfach nur gerannt. Und dann schwankte es wieder und ich hab mich gefragt, wann das aufhört. Draußen standen große Rauchwolken und ich hatte Angst, dass Gebäudeteile einstürzen könnten. Gott sei Dank ist nichts zusammengestürzt. Es roch nach Kabelbrand. Kollegen weinten. Menschen versuchten, ihre Familienmitglieder anzurufen. Alle haben gesagt, das war das Schlimmste, was Sie jemals erlebt haben.
Morgenmagazin: Sie sind jetzt in einer Wohnung untergekommen, in das Studio können Sie nicht zurück. Was erleben Sie? Wie ist die aktuelle Lage in der Stadt?
Böttcher: Wir haben sehr viele Informationen bekommen über WhatsApp oder andere soziale Medien. Meine Kollegen sind rausgefahren zum Drehen, ich habe mich hier vor Ort informiert. Zunächst einmal herrschte ein riesiges Verkehrschaos, weil alle Menschen offensichtlich nach Hause gefahren sind, um nach ihren Familienangehörigen zu schauen.
Die Innenstadt ist am stärksten betroffen, und dort gab es ein unglaublich großes soziales Engagement. Überall kommen Menschen und helfen sofort und stellen sich in den Dienst der Sache. Wenn jemand sagt: 'Das Auto hier muss weg', dann ruckeln alle mit ihren Händen an diesem Auto, um Platz zu machen für den Krankenwagen. An einer Schule, wo Kinder und Lehrer zu Tode gekommen sind und noch Kinder vermisst werden, wird mit blanken Händen nach Opfern gesucht.
Morgenmagazin: Es handelt sich hier um das zweite Beben innerhalb von nur zwei Wochen. Wie gut können die Behörden helfen? Wie schnell ist man bei den Betroffenen?
Böttcher: Vor wenigen Tagen waren wir in Oaxaca, wo vor zwei Wochen die Erde bebte. Viel Hilfe war versprochen worden, aber noch ist nichts angekommen. Und jetzt hat es die Hauptstadt getroffen und die umliegenden Bereiche - wir reden von 20 Millionen Menschen, die hier wohnen, plus die anderen Gebiete rund um das Epizentrum.
Es ist unklar, woher genau die Hilfe kommen soll, wenn sie schon bei dem vorangegangenen Beben nicht angekommen ist. Ich gehe davon aus, dass es dauern wird. Der Präsident hat versprochen, dass man alle Kräfte in die medizinische Versorgung und die Bergung von Opfern stecken möchte. Momentan hilft die Zivilbevölkerung, und momentan geht es wirklich noch um Leben und Tod.
Das Gespräch führte Susan Link, ARD-Morgenmagazin.