Merkel und Hollande reden im EU-Parlament Damals hoffnungsfroh, heute ratlos
Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande wollen heute gemeinsam vor dem EU-Parlament für Solidarität in der Flüchtlingskrise werben. Das erinnert an den historischen Auftritt von Kohl und Mitterrand am selben Ort. Doch lassen sich die Ereignisse vergleichen?
Wie viel darf man erwarten, wenn Angela Merkel und François Hollande am Nachmittag ihren gemeinsamen Auftritt haben? Richtungsweisendes für Europa, so wie vor 26 Jahren als Helmut Kohl und François Mitterrand am selben Ort Geschichte schrieben? Im EU-Parlament hängt man die Messlatte deutlich tiefer.
Nicht vergleichbar, sagt etwa der grüne Europapolitiker Reinhard Bütikofer. Die Situation vor 26 Jahren sei von einer großen Hoffnung getragen worden, dass der Traum von einem vereinigten Europa in Frieden und Freiheit jetzt möglich werde. "Heute sind die Vorzeichen eher düster, dunkelgrau", sagt Bütikofer.
Krisenstimmung statt Hoffnungsschimmer
Damals also Aufbruch-, heute eher Endzeitstimmung. Dabei scheint zumindest die Größe der Herausforderung ähnlich zu sein. Bei Kohl und Mitterrand ging es um eine Reaktion auf die politischen Umbrüche im Osten Europas, damals noch mit Aussicht auf eine gemeinsame und glückliche Zukunft.
Bei Merkel und Hollande dreht sich alles um die Flüchtlingskrise und die Gefahr eines Auseinanderdriftens eben dieser mühsam zusammengewachsenen Gemeinschaft. Das Rezept der Kanzlerin bisher in dieser Situation: a) Mut machen, b) Solidarität einfordern. "Angesichts einer großen Herausforderung, darf es doch jetzt nicht passieren, dass Europa sagt, wir werden mit der Sache nicht fertig. Das wäre ganz falsch. Deshalb sage ich immer wieder: Wir schaffen das", sagte die Kanzlerin.
Merkel will, dass sich alle EU-Staaten an der Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge beteiligen. Gleichzeitig soll für bessere Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern in der Türkei, in Jordanien oder dem Libanon gesorgt werden.
"Große außenpolitische Dimension fehlt bisher"
Die Details seien aber nicht entscheidend, meint der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok. Stattdessen müsse es um den Überbau, das strategische Konzept dahinter gehen. "Die große außenpolitische Dimension, die ja bedingend ist, um die Krise zu lösen, fehlt bisher", sagte der Politiker. Statt um Quotenregelungen und die Förderung einzelner Flüchtlingslager zu streiten, müsse geklärt werden, wie der Krieg in den Krisengebieten beendet werden könne und wie eine Zusammenarbeit mit Russen und Amerikanern aussehen könnte.
Merkel und Hollande sollen also das große Ganze in den Blick nehmen, noch dazu in einer gemeinsamen Vision. Das dies für beide nicht einfach wird, hat man bereits des Öfteren beobachten können. Zuletzt in der Griechenland-Krise, als die Bundesregierung einen Grexit auf Zeit ins Spiel brachte und Frankreich daraufhin die Notbremse zog: "Griechenland ist Mitglied der Eurozone oder es ist nicht Mitglied der Eurozone, aber momentan haben wir ein Europa, das nicht vorwärts- sondern rückwärtsgeht, und das will ich nicht", sagte Hollande.
Am Ende setzte sich der Franzose durch. Auch so kann deutsch-französische Freundschaft funktionieren.