Bewältigung der Flüchtlingssituation EU hofft auf Hilfe der Türkei
Damit auf Dauer weniger Flüchtlinge nach Europa kommen, setzt die EU auf die Türkei. Ein Aktionsplan sieht unter anderem gemeinsame Patrouillen vor - allerdings muss der erst mit dem türkischen Präsidenten besprochen werden.
Wenn es nach dem Willen der Europäer geht, dann soll die Türkei ihre Grenze besser abriegeln. Wie EU-Offizielle, die ungenannt bleiben wollen, auf ARD-Nachfrage bestätigen, haben Brüssel und Ankara, also die EU-Kommission und die türkische Regierung, in den letzten Tagen in der Tat einen Aktionsplan erarbeitet. Über diesen Plan hatte die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zunächst berichtet.
Wichtigste Punkte der Gespräche: Gemeinsam sollen die griechische und die türkische Küstenwache im Mittelmeer patrouillieren. Außerdem ist geplant, neue Aufnahmelager in der Türkei selbst zu errichten. Dort sollen bis zu zwei Millionen Schutzsuchende Platz finden - auch jene, die bei den Patrouillen abgefangen werden. Die EU verspricht, einen gewissen Anteil davon aufzunehmen.
Das Ziel: Flüchtlinge von der EU fernhalten
Doch vorrangiges Ziel ist es, Flüchtlinge von der EU fernzuhalten und zu verhindern, dass sie sich auf eine lebensgefährliche Seereise begeben. Die Route Türkei-Griechenland ist mittlerweile die meistgenutzte, auch von Flüchtlingen, die nach Deutschland wollen.
"Die Türkei spielt eine wichtige, eine zentrale Rolle", bestätigte bereits vor wenigen Tagen EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas. Die Erkenntnis dahinter: Wenn man die Zahl derjenigen begrenzen will, die gerade aus dem Bürgerkriegsland Syrien den Weg nach Europa suchen, muss man eng mit der Türkei zusammenarbeiten.
Die Hoffnung: Zusammenarbeit mit der Türkei
Morgen ist der türkische Staatspräsident Erdogan in Brüssel zu Gast. Wie aus EU-Kreisen verlautet, sind die Pläne mit ihm persönlich noch nicht besprochen worden. Daher ist eher unwahrscheinlich, dass die Maßnahmen sofort in die Tat umgesetzt werden.
Zudem dürfte sich Erdogan ohne Gegenleistungen kaum auf die EU-Pläne einlassen, wie Amanda Paul, Türkeiexpertin am "European Policy Center", einem Think Tank in Brüssel, erklärt: "Die Türkei hat einen starken Hebel in dieser Frage: Die EU will nicht, dass täglich Zehntausende syrische Flüchtlinge kommen." Nur wenn die Türkei diese nicht aus dem Land und in die Boote lasse, könne das verhindert werden, so Paul. "Dafür ist sehr viel mehr Geld von der EU notwendig."
Das Instrument: mehr Geld für die Flüchtlingsversorgung
Um der Türkei eine Zustimmung einfacher zu machen, dürfte also über zusätzliche Gelder für die Flüchtlingsversorgung gesprochen werden. Offenbar ist die Kommission hier bereit, mehr locker zu machen als die bereits von der EU versprochene eine Milliarde Euro.
Zudem dürfte auch über Visa-Erleichterungen für türkische Staatsbürger geredet werden. Nicht auszuschließen, dass sich die Dinge bei diesem Herzensanliegen der Regierung in Ankara nun schneller bewegen werden als zuvor. Schließlich braucht die EU bei der Lösung der Flüchtlingfrage die Türkei derzeit dringender als umgekehrt die Türkei die EU.