Analyse der Ergebnisse War das Trump-Kim-Treffen erfolgreich?
Das Bild des Tages war der Handschlag der Kontrahenten. Die Worte des Tages: "Großartig“ und "historisch". Doch die kamen vor allem vom US-Präsidenten selbst. Ein wichtiges Ziel des Gipfels wurde nicht konkret vereinbart.
War das Gipfeltreffen historisch?
Das Treffen ja, denn solch eine Annäherung der bisherigen Erzfeinde gab es noch nie. Und vergessen wir nicht, dass wir noch vor Kurzem den Atem anhielten. Nicht nur weil Kim Jong Un der Welt mit Atomschlägen drohte, sondern auch, weil Trumps Sicherheitsberater John Bolton schon ernsthaft zu Protokoll gab, dass auch ein Erstschlag der USA juristisch völlig okay sei.
Ist die Abschlusserklärung tatsächlich so bahnbrechend?
Es wird sicher Leute geben, die Trump schon heute zum Helden erklären. Aber nimmt man die Ankündigungen seiner eigenen Regierung, erscheint die gemeinsame Erklärung doch recht spärlich.
Was ein "Friedensregime" sein soll, ist völlig unklar. Und die "vollständige, verifizierbare und unumkehrbare" Denuklearisierung, die Trumps Außenminister noch am Verhandlungsort für unverzichtbar erklärt hatte, steht so nicht drin. Das Stichwort selbst ist nur noch unter Punkt drei vermerkt. Ohne Details, Termine oder Fristen und auch nur als Bekräftigung dessen, was Kim schon im April mit Südkoreas Präsident vereinbart hatte.
Da werden viele beklagen, dass die US-Unterhändler offenbar nichts Weitergehendes erreicht haben. Auch wenn das Aufbauen von Vertrauen sicher nötig ist, um nun gemeinsam weiter zu verhandeln.
Im Hauptbahnhof von Seoul sehen sich Menschen die Übertragung des Gipfels im Fernsehen an.
Wem nützt die Vereinbarung?
Man wird Kim Jong Un zugestehen müssen, dass er hier mit relativ vagen Worten einen enormen Prestigegewinn für sich erreicht hat. Er traf sich mit dem US-Präsidenten auf Augenhöhe, was das Regime immer angestrebt hatte, und er erhielt dessen Ehrerbietung. Nicht nur, ohne eine einzige Bombe oder Rakete zu verschrotten, sondern auch, ohne dass wir wüssten, ob und wann genau dies geschieht.
Das ist nicht zwingend mehr als die allgemeinen Bekundungen, die westliche Unterhändler schon in früheren Jahren als Pjöngjangs Position hörten. Mag sein, dass Kim es ernster meint als seine Vorgänger, aber bewiesen hat er es noch nicht.
Wie weit die Vereinbarung auch Trump nutzt, ist offen. Sicherlich hat er die Konfrontation beendet. Wer redet, schießt nicht. Aber dass ihn mit diesem Papier nun schon alle als besten "Dealmaker" feiern müssten, wie er selbst das gern tut - vor allem mit Blick auf die nächste Wahl - ist nicht zu erkennen. Mag sein, dass sein Team auf dem richtigen Weg ist. Aber der ist dann noch weit.
Warum wurde die Denuklearisierung nicht festgeschrieben?
Vor allem US-Journalisten fragten das den Präsidenten mehrfach, denn dort machen sich nun die "Fact Checker" an die Arbeit. Auf diese Frage antwortete Trump, dass dafür auf dem kurzen Treffen "keine Zeit" gewesen sei. Doch wer soll das glauben? Es gab Vorverhandlungen erfahrener Teams, und es war Amerikas wichtigster Punkt.
Wahrscheinlicher ist es, dass Kim eben keine konkrete Festlegung wollte. Auch wenn Trump versicherte, dass Kim sich die Abrüstung seiner Atomwaffen "noch mehr als ich selbst" wünschte. Auch das wäre glaubwürdiger, wenn Trump noch nie etwas schön geredet hätte. Die Erfahrung der Amerikaner ist leider eine andere. Immerhin versicherte er später, dass internationale Inspekteure die Abrüstung überwachen würden.
Die Fahrzeugkolonne von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un verlässt den Gipfelort, die Insel Sentosa.
Gibt es auch Verlierer?
Womöglich Trump selbst, wenn der Kongress einschließlich der Republikaner zu Hause bald fragen wird: "Where is the beef?" Also: Wo ist die Substanz? Da müssten er und auch Kim dann bald Details liefern. Aber auch alle, die darauf gedrängt hatten, dass Verhandlungen mit einem Diktator wie Kim Jong Un auch immer das Thema Menschenrechte beinhalten müsse, werden womöglich enttäuscht sein, dass davon nichts im Papier steht. Gerade weil Trump es selbst als "umfassend" gepriesen hat.
Der Presse gegenüber sah sich Trump denn auch genötigt, zu versichern, dass darüber gesprochen wurde. Ebenso wie über Japans Anliegen der Mittelstreckenraketen und der ungelösten Fälle von Verschleppungen, was er Japans überaus loyalem Premierminister Shinzo Abe zugesagt hatte. Auch der hätte sich sicher gewünscht, dass das niedergeschrieben worden wäre.
Das Erste sendet zu dem Gipfeltreffen heute um 20.15 Uhr einen 30-minütigen Brennpunkt.