Chronologie Die Suche nach Radovan Karadzic
Radovan Karadzic war bis zu seiner Verhaftung am Montagabend einer der meistgesuchten Männer der Welt. Die Jagd auf den ehemaligen Führer der bosnischen Serben dauerte zwölf Jahre. Karadzic werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord während des Bosnien-Krieges im ehemaligen Jugoslawien zur Last gelegt.
1990: Die von Radovan Karadzic gegründete Serbische Demokratische Partei wird bei den ersten Mehrparteienwahlen in Bosnien-Herzegowina zweitstärkste Fraktion hinter der muslimischen Partei von Ministerpräsident Alija Izetbegovic.
24. Oktober 1991: Nach der von muslimischen und kroatischen Abgeordneten beschlossenen Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas von Jugoslawien bilden die Serben unter Karadczics Führung ein eigenes Parlament.
April 1992: Nach der Anerkennung der Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas durch die EG-Staaten und die USA bricht ein Bürgerkrieg zwischen den Volksgruppen aus, bei dem Serben die bosnische Hauptstadt Sarajevo einkessseln und rund 70 Prozent der Fläche des Landes erobern. Der Krieg wird mit brutalen Mitteln geführt: Scharfschützenangriffe auf Zivilisten, Massenvertreibungen, Vergewaltigungen und brutales Vorgehen in Gefangenenlagern. Auch von Seiten muslimischer und kroatischer Kriegsteilnehmer werden Gräuel verübt.
9. Jan. 1992: Das serbische Parlament proklamiert die "Republika Srpska" mit Zentrum um Banja Luka kündigt damit die Einheit der Republik Bosnien-Herzegowina auf.
1993 - 1995: Trotz mehrfacher internationaler Friedensbemühungen gehen die Kämpfe zwischen den Volksgruppen weiter.
Juli 1995: Die Serben nehmen UN-Soldaten als Geiseln, eroberten die UN-Schutzzone Srebrenica und die ostbosnische Muslim-Enklave Zepa und transportieren Tausende von muslimischen Zivilisten ab.
Juli 1995: Das UN-Jugoslawien-Tribunal in Den Haag erhebt Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Karadzic und verschickt internationale Haftbefehle. Im November werden Karadzic und Armeechef Radtko Mladic zusätzlich wegen Völkermords in Srebrenica angeklagt. Insgesamt soll Karadzic die Verantwortung für 75.000 zivile Opfer, 417 Massaker, 378 Lager und 93 Massengräber tragen.
1. November 1995: In Dayton/USA werden erstmals seit Beginn des Balkankrieges Friedensgespräche zwischen den Staatsoberhäuptern Alija Izetbegovic (Bosnien-Herzegowina), Franjo Tudjman (Kroatien) und Slobodan Milosevic (Serbien-Montenegro) aufgenommen. Am 14. Dezember wird in Paris offiziell ein Friedensabkommen unterzeichnet.
Juli 1996: Unter internationalem Druck gibt Karadzic das Präsidentenamt der bosnischen Serbenrepublik ab und taucht unter. Er wird per internationalem Haftbefehl gesucht.
1997: Über den Verbleib von Karadzic kursieren verschiedene Gerüchte. Öffentliche Auftritte vermeidet er, gibt aber unter anderem der "Süddeutschen Zeitung" ein Interview, in dem er von der Rolle des Angeklagten in die des Anklägers schlüpfte, der sich und sein Land zu Unrecht beschuldigt sieht. Er lässt verlauten, er werde sich niemals freiwillig dem UN-Tribunal in Den Haag stellen, da es in seinen Augen illegal sei.
2000 bis 2005: Immer wieder gibt es Hinweise auf seinen Aufenthaltsort - von Sarajevo bis Montenegro
November 2001: Der Druck auf die jugoslawischen Behörden wird verstärkt. Belgrad wisse, wo Karadzic sich aufhalte, sagt Chefanklägerin Carla del Ponte.
Februar 2005: Erster öffentlich bekannter Festnahmeversuch. Die Aktion der NATO-Schutztruppe SFOR im ostbosnischen Ort Celebici schlägt fehl. Auch weitere Razzien der SFOR sind erfolglos - so in Pale (Juni) und einer Kaserne bei Foca (August).
Januar 2004: Vergebliche Durchsuchung von Wohnungen seiner Familie. Im März/April werden im Rahmen einer Großfahndung ganze Ortschaften in Ost-Bosnien abgeriegelt, auch Kirchen durchsucht.
Februar 2006: Del Ponte klagt in Belgrad über mangelnde Kooperationsbereitschaft. Verhandlungen über ein EU- Assoziierungsabkommen mit Serbien müssten eingefroren werden.
Juli 2008: Karadzic wird bei Belgrad festgenommen. Der Mediziner hatte unter falschem Namen in einer privaten Klinik gearbeitet.
Quellen: dpa, Munziger