Netanyahu oder Gantz? Wahlergebnis in Israel weiter unklar
In Israel ist der Ausgang der Wahl weiter offen. Amtsinhaber Netanyahu droht, seine Wahlziele zu verfehlen. Zünglein an der Waage bei der Regierungsbildung könnte, wie erwartet, der Rechtspopulist Lieberman sein. Von Tim Aßmann.
In Israel ist der Ausgang der Wahl weiter offen. Amtsinhaber Netanyahu droht, seine Wahlziele zu verfehlen. Zünglein an der Waage bei der Regierungsbildung könnte, wie erwartet, der Rechtspopulist Lieberman sein.
Benjamin Netanyahu und Benny Gantz hatten eins gemeinsam in dieser Wahlnacht. Die beiden Kontrahenten mussten sich zu einem Ergebnis äußern, das noch lange nicht sicher feststeht. Bei dieser israelischen Wahl wird das Zählen lange dauern. Gegen zwei Uhr Ortszeit waren erst rund fünf Prozent, gut 300.000 Stimmen, ausgezählt. Bei der Frage nach der stärksten politischen Kraft im Land sahen die Prognosen nach Schließung der Wahllokale überwiegend das Oppositionsbündnis Blau-Weiß von Ex-Armeechef Gantz knapp vorne, der dann auch - mit Vorsicht in der Stimme - von einem Erfolg und nicht von einem Wahlsieg sprach.
Wir werden die echten Ergebnisse geduldig abwarten. Aber dennoch lässt sich sagen, dass Netanyahu anhand der Ergebnisse, die sich abzeichnen, sein Ziel nicht erreicht hat. Wir dagegen haben bewiesen, dass die Idee, die sich Blau - Weiß nennt, sehr erfolgreich war und hier ist um zu bleiben.
Gantz sprach von Brüchen innerhalb der israelischen Gesellschaft, die er wieder einen wolle und er betonte, Gespräche über die Bildung einer Einheitsregierung führen zu wollen.
Ich rufe meine politischen Rivalen aus allen Lagern auf, legt die Unstimmigkeiten beiseite und lasst uns gemeinsam für eine gute, israelische, gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft aktiv werden."
Netanyahu droht Wahlziele zu verpassen
Der Amtsinhaber, Benjamin Netanyahu, trat erst gegen drei Uhr morgens Ortszeit in Tel Aviv vor seine Anhänger. Wenn sich die Zahlen der Nacht bestätigen, hätte Netanyahu seine zwei wichtigsten Wahlziele nicht erreicht. Seine national-konservative Likud-Partei würde nicht stärkste Kraft und gemeinsam mit seinen möglichen Koalitionspartnern aus dem rechten und religiösen Parteienspektrum käme Netanyahu auf keine Mehrheit der 120 Sitze in Israels Parlament der Knesset.
Herausforderer Gantz hat eine solche Mehrheit aber auch nicht. Benjamin Netanyahu erhob den Anspruch auf eine erneute Koalitionsbildung. In Kürze werde US-Präsident Trump seinen Friedensplan für die Region vorstellen, sagte Netanyahu. In dieser Situation brauche Israel eine stabile Regierung.
Heute Abend sprach ich mit allen Partnern des Likud aus dem rechten Lager. Alle haben ausnahmslos und verbindlich ihre gemeinsame Hingabe für diese Ziele erklärt. In den kommenden Tagen werden wir die Verhandlungen beginnen, um eine zionistische, starke Regierung zu gründen und eine gefährliche anti-zionistische Regierung zu vermeiden."
Eine Regierung, die auf arabische Parteien, angewiesen sei, die Terror verherrlichten, müsse verhindert werden, erklärte Netanyahu. Zünglein an der Waage bei der Regierungsbildung könnte, wie erwartet, der Rechtspopulist Avigdor Lieberman sein. Die Partei "Unser Haus Israel" des Ex-Verteidigungsministers kann ihr Ergebnis, je nach Prognose, ungefähr verdoppeln.
Buhlen um Lieberman
Lieberman hatte wiederholt erklärt, einer Regierung unter Beteiligung der zwei streng-religiösen jüdischen Parteien nicht angehören zu wollen. Diese Parteien braucht Netanyahu aber zur Koalitionsbildung. Lieberman bekräftigte seinen Anspruch bei einer sogenannten Einheitsregierung aus Netanyahus Likud und dem Bündnis Blau-Weiß von Gantz dabei sein zu wollen.
Wenn ich es dürfte, würde ich bereits jetzt dem Staatspräsidenten, der zur Schlüsselfigur geworden ist, raten, nicht einmal die Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse abzuwarten, sondern bereits am kommenden Freitag sowohl Premierminister Benjamin Netanyahu als auch den Parteivorsitzenden Benny Gantz zu einem inoffiziellen Gespräch einzuladen.
Heimlicher Wahlsieger ist die Vereinigte Liste verschiedener Parteien, die die arabische Minderheit im Land vertreten. Das Bündnis kann allen Prognosen zufolge deutlich zulegen und auf das beste Ergebnis arabischer Parteien bei israelischen Parlamentswahlen überhaupt hoffen.
Arabisch-dominierte Parteien heimlicher Wahlsieger
Spitzenkandidat Ayman Odey prophezeite Noch-Regierungschef Netanyahu das Ende seiner politischen Laufbahn.
Sowohl die Wahlbeteiligung als auch die Zahl der Mandate ist gestiegen. Wir, die Bevölkerungsgruppe, gegen die Netanyahu so sehr hetzte, sorgen nun dafür, dass er nach Hause gehen kann.
Doch ob es so kommt, steht noch lange nicht fest. Das Zentrale Wahlkomitee teilte mit, dass sich bei der Auszählung der Stimmen möglicherweise erst am Nachmittag ein klares Bild ergeben könnte.