Regierungskrise in Israel Arabische Partei droht mit Koalitionsbruch
Nach den Zusammenstößen am Tempelberg hat die arabische Raam-Partei ihre Mitarbeit in der Regierungskoalition ausgesetzt. Ministerpräsident Bennett hat noch einige Wochen Zeit, um die Krise zu entschärfen.
Die jüngste Gewalt auf dem Tempelberg bedroht die Stabilität der israelischen Regierung. Die arabische Partei Raam teilte mit, sie setze ihre Beteiligung an der Koalition von Regierungschef Naftali Bennett aus.
Die Partei reagierte damit nach Medienberichten auf Druck aus den eigenen Reihen, wegen des Vorgehens der israelischen Polizei auf dem Tempelberg aus der Regierung auszuscheiden. Weil das Parlament noch bis zum 8. Mai in einer Sitzungspause ist, hat die Entscheidung jedoch zunächst keine praktischen Auswirkungen.
Koalition ohne Mehrheit
Regierungschef Bennett bemühe sich um eine Beruhigung der Lage, hieß es in Medienberichten. Sollte ihm das nicht gelingen und die Raam-Partei die Koalition verlassen, könnte die Opposition ein Misstrauensvotum gegen ihn einleiten. Seine Acht-Parteien-Koalition hatte vor rund zwei Wochen bereits ihre hauchdünne Mehrheit im Parlament verloren. Eine Abgeordnete von Bennetts Jamina-Partei war überraschend aus der Koalition ausgetreten. Anlass war ein Streit über religiöse Angelegenheiten.
Die Regierung Bennetts war Mitte Juni vergangenen Jahres vereidigt worden. Damit fand die politische Dauerkrise in Israel mit vier Wahlen binnen zwei Jahren ihr vorläufiges Ende. Der Koalition gehören insgesamt acht Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum an - darunter mit Raam auch erstmals eine arabische Partei.
Viele Verletzte auf dem Tempelberg
Auf dem Tempelberg in Jerusalem war es am Freitag und am Sonntag zu Konfrontationen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Dabei wurden nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds etwa 160 Palästinenser verletzt. Auch mehrere israelische Polizisten erlitten Verletzungen.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten.
Die Palästinenser werfen Israel vor, es wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten. Israel betont dagegen, es wolle die Freiheit aller Religionen gewährleisten. Der muslimische Fastenmonat Ramadan fällt in diesem Jahr mit Ostern und dem jüdischen Pessachfest zusammen.