Nahostkonflikt Israel greift Ziele im Westjordanland an
Israels Armee hat in der Nacht Luftangriffe im Westjordanland geflogen. Ziel sei "terroristische Infrastruktur" gewesen. Nach palästinensischen Angaben starben mindestens sieben Menschen. Israelische Medien sprechen von einer großangelegten Offensive.
Das israelische Militär hat einen Angriff auf die palästinensische Stadt Dschenin im Westjordanland begonnen. Die Attacke sei gegen "terroristische Infrastruktur" gerichtet, teilte die Armee in der Nacht auf Twitter mit. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden mindestens sieben Menschen getötet und rund zwei Dutzend verletzt. Unklar war zunächst, ob es sich bei den Toten um Kämpfer militanter Islamisten oder unbeteiligte Anwohner handelte.
Mehrere gezielte Luftangriffe in der Nacht hätten unter anderem ein Waffenlager, einen Versammlungsort für Terroristen und ein auch als Beobachtungsposten genutztes Kommando- und Kommunikationszentrum getroffen, teilte die Armee mit. Der Zeitung "Jerusalem Post" zufolge kam es in ganz Dschenin zu Stromausfällen. Auf Videos waren mehrere zerstörte Straßen zu sehen.
Hochburg militanter Palästinenser
Israelischen Medienberichten zufolge wurde mit den Luftangriffen eine großangelegte Offensive namens "Heim und Garten" eingeläutet. Es sind die ersten gezielten seit Jahrzehnten gegen Palästinenser im Westjordanland. Israels Armee war kurz nach den Luftangriffen mit Bodentruppen und rund 100 Militärfahrzeugen in die Stadt eingerückt.
Palästinensischen Berichten zufolge kam es daraufhin zu gewaltsamen Kämpfen mit Bewohnern. "Es gab Bombenangriffe aus der Luft und eine Invasion am Boden", sagte Mahmud al-Saadi, Direktor des palästinensischen Roten Halbmonds in Dschenin.
Die Region um Dschenin und das dazugehörende Flüchtlingslager mit rund 17.000 Einwohnern gelten seit Jahren als Hochburg militanter Palästinenser. Neben der im Gazastreifen herrschenden Hamas haben in den letzten Jahren auch der militante "Islamische Dschihad" sowie die "Dschenin-Brigade" dort massiv an Einfluss gewonnen.
Galant: Auf jedes Szenario vorbereitet
Der Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Nabil Abu Rudeineh, verurteilte den israelischen Einsatz und sprach von einem "neuen Kriegsverbrechen". Er rief die internationale Gemeinschaft auf, "ihr beschämendes Schweigen zu brechen und ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen".
Der israelische Armeesprecher Richard Hecht sagte, die Operation werde "so lange wie nötig" dauern. Demnach konzentriere sich die Armee auf das Flüchtlingslager in Dschenin.
Laut Hecht wurden seit letztem Jahr mehrere Dutzend Angriffe auf Israelis von Bewohnern des Lagers ausgeführt. Israels Verteidigungsminister Joav Galant teilte mit, die Armee werde in Dschenin weiter "proaktiv und entschlossen vorgehen". Der Verteidigungsapparat sei auf jedes Szenario vorbereitet.
Angespannte Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten ist schon längere Zeit angespannt und hatte sich zuletzt nochmals verschärft. Unter anderem aus der Regierung wurden Rufe nach einer großangelegten Militäroffensive laut. Nach einem tödlichen Anschlag zweier Palästinenser auf vier Israelis im Westjordanland vor knapp zwei Wochen kam es dort immer wieder zu massiver Gewalt wütender israelischer Siedler gegen Palästinenser.
Seit Beginn des Jahres kamen mehr als zwei Dutzend Menschen bei Anschlägen von Palästinensern ums Leben. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 140 Palästinenser bei Konfrontationen, israelischen Militäreinsätzen oder nach eigenen Anschlägen erschossen.