Unversöhnliche Parteienlager in Griechenland Neuwahlen - Ausgang völlig offen
Nachdem in Griechenland der letzte Versuch, eine Regierung zu bilden, gescheitert ist, steht das Land vor Neuwahlen. Die Parteien sind dabei in zwei unversöhnliche Lager gespalten: Sparer und Spargegner. Für wen die Wähler sich entscheiden, ist schwer vorherzusagen.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Erst vor neun Tagen haben die Griechen ein neues Parlament gewählt. Und seit heute Nachmittag steht fest: Nächsten Monat müssen die Griechen schon wieder wählen. Alle Bemühungen, eine regierungsfähige Mehrheit zu finden, sind gescheitert.
Die griechische Parteienlandschaft ist tief in zwei Lager gespalten. Die einen, die den Sparkurs als einzige mögliche Rettung Griechenlands unterstützen, und die anderen, die den Sparkurs verdammen, weil er die Krise nur verschlimmere.
Staatschef Karolos Papoulias hatte heute bei den Parteien für eine Experten-Regierung geworben. Nach dem Vorbild Italiens sollten Wirtschaftsfachleute die Regierung führen. Ihr Hauptziel sollte sein, Griechenland in der Euro-Zone zu halten.
Die bisherigen Regierungsparteien Nea Demokratia und Pasok hätten eine solche Regierung gestützt. Die Parteien aus dem Lager der Sparkurs-Gegner lehnten das ab.
"Neuwahlen unter schlimmen Bedingungen"
Pasok-Chef Evangelos Venizelos ist entsetzt: "Wir bekommen leider Neuwahlen unter schlimmen Bedingungen, weil einige die Interessen ihrer Parteien über die Interessen des Landes stellen. Ich bin mir sicher, dass diejenigen, die das tun, den Auftrag des Volkes missverstanden haben."
Aber jede Partei interpretiert den Auftrag des Volkes anders. Für die Parteien aus dem Lager der Sparkurs-Gegner war wichtigstes Ziel, alle Lohnkürzungen und Steuererhöhungen zurückzunehmen, weil das Volk sonst verarme. Das wiederum war mit Pasok und Nea Demokratia nicht zu machen.
"Die Gespräche waren ohne Ergebnis, es gab keinen Konsens", sagte Fotis Kouvelis von der gemäßigten Anti-Sparkurs-Partei Demokratische Linke frustriert.
Scharfe Worte auf beiden Seiten
Jetzt ist in Griechenland der Wahlkampf erneut voll im Gang. Pasok-Chef Venizelos hatte schon im Vorfeld gewarnt: Wenn die Gegner des Spar- und Reformkurses die Wahl gewinnen, werden die Kreditgeber, also EU und IWF, den Geldhahn zudrehen. Dann werde Griechenland in den Bankrott getrieben und es werde hier aussehen wie in Albanien in den 60er-Jahren, so Venizelos.
Die Sparkurs-Gegner hingegen schimpfen, die Sparpolitik habe bereits jetzt Tausende Griechen in die Armut getrieben. Vor allem das Bündnis der Radikalen Linken Syriza wählt scharfe Worte. Dessen Politiker nennen die Sparpolitik ein Verbrechen und die bisherigen Regierungspolitiker Gauner. Gleichwohl fordert auch das Linksbündnis Syriza: Griechenland solle in der Euro-Zone bleiben.
Syriza könnte stärkste Kraft werden
Bei vielen Griechen kommt das an. Syriza könnte laut aktuellen Umfragen stärkste Partei werden. Doch bis zur Wahl kann die Stimmung wieder kippen. Ob die Griechen am 17. oder bereits am 10. Juni wählen, will Staatspräsident Papoulias morgen festlegen. Der Ausgang dieser Wahlen ist völlig ungewiss, ebenso die Zukunft Griechenlands.