Wahldebakel für griechische Regierungsparteien "Eine Explosion der Wut und Verzweiflung"
Bei der Wahl in Griechenland haben die beiden großen Regierungsparteien offenbar die Parlamentsmehrheit verloren. Die konservative Nea Demokratia und die sozialistische Pasok kommen zusammen lediglich auf 32 Prozent, während radikale Partein massiv zulegten. Regierungspolitiker reagierten geschockt auf die Verluste.
Bei der Parlamentswahl in Griechenland haben die Verfechter des umstrittenen Sparprogramms die Mehrheit verloren. Nach der Auszählung von mehr als 99 Prozent der abgegebenen Stimmen haben fehlen der konservativen Nea Dimokratia (ND) und der sozialdemokratischen Pasok zwei Parlamentssitze zur absoluten Mehrheit. Zusammen entsenden sie nach Angaben des Innenministeriums in Athen 149 Abgeordnete in das 300-köpfige Parlament.
Knappe Mehrheit ging verloren
Zunächst hatte sich eine knappe Mehrheit für beide Parteien abgezeichnet, in der Nacht kippte die Mehrheit jedoch. Der Vorsitzende der stärksten Partei Nea Dimokratia, Antonis Samaras, kündigte an, gemeinsam mit der Pasok sowie nach Möglichkeit auch weiteren Parteien eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Bedingung sei der Verbleib in der Eurozone und die Fortsetzung des Sparkurses, allerdings mit einem flankierenden Wachstumsprogramm.
Der Vorsitzende der sozialdemokratischen PASOK, Ex-Finanzminister Evangelos Venizelos, sprach von einer schmerzhaften Niederlage. Auch er schlug eine Regierung der nationalen Einheit vor. Griechenland müsse in der Eurozone bleiben.
"Die Regierungsparteien sind von einem Erdbeben erschüttert worden", konstatierte der als künftiger Außenminister gehandelte Panos Panagiotopoulos von der konservativen Nea Dimokratia (ND), die stärkste Kraft wurde. Die ND bleibe die erste Partei, habe aber eine geringe Anhängerzahl. "Es ist eine Explosion der Wut und Verzweiflung, die - gerechtfertigt oder nicht - auf viele Parteien Auswirkungen hat", sagte er.
ND und PASOK stürzen dramatisch ab
Nach Auszählung von rund 99 Prozent der Stimmen liegt die Nea Dimokratia nach Zahlen des Innenministeriums bei rund 18,9 Prozent der Stimmen - 2009 hatte sie noch 33,5 Prozent der Stimmen bekommen. Noch deutlicher fallen die Verluste wohl für die PASOK aus: Sie erreicht demnach nur noch rund 13,2 Prozent der Stimmen - das ist ungefähr ein Drittel ihres Anteil von 2009, als sie mit 43,9 Prozent Wahlsiegerin war. Dieses Mal könnte es hingegen nicht einmal für den zweiten Platz reichen. Beide Parteien standen in den vergangenen Monaten für einen strikten Sparkurs.
Ihr möglicher Koalitionspartner, die konservativen Unabhängigen Griechen, kommen laut den vorläufigen Zahlen auf rund 10,6 Prozent und können mit 33 Mandaten rechnen.
Zulauf für Radikale
Zweitstärkste Partei würde stattdessen die radikal linke Syriza mit 16,8 Prozent. Sie hätte ihren Stimmenanteil gegenüber 2009 mehr als verdreifacht. Syriza will die griechischen Schulden nicht begleichen, aber im Euro-Verbund bleiben. Auch zahlreiche kleinere radikale Parteien erzielten offenbar ebenfalls kräftige Stimmengewinne. Erstmals seit fast 40 Jahren wird zudem den Prognosen zufolge die rechtsextreme Partei Chryssi Avgi im Parlament vertreten sein; sie erreichte laut ersten Prognosen sechs bis acht Prozent der Stimmen.
Stärkste Partei muss schnell Regierung bilden
Nach der Wahl muss die stärkste Partei innerhalb von drei Tagen eine Regierung bilden. Die vermutlich äußerst komplizierte Regierungsbildung dürfte davon abhängen, wie viele Kleinparteien den Sprung über die Drei-Prozent-Hürde schaffen. Gelingt die Regierungsbildung nicht, erhält die zweitstärkste Partei das Mandat zur Regierungsbildung. Sollten sich die Parteien auf keine Koalition einigen, werden Neuwahlen anberaumt. Steht die Regierung innerhalb der kommenden Tage, tritt das Parlament am 17. Mai zusammen.
Um die Stimmen der etwa zehn Millionen Wähler, von denen viele kurz vor der Abstimmung noch unentschlossen waren, hatten sich 32 Parteien beworben.
Regierung Papademos erfüllte ihre Aufgaben
In den vergangenen sechs Monaten wurde Griechenland von einer Koalition aus Konservativen und Sozialisten unter Führung von Ministerpräsident Lucas Papademos regiert. Die Koalition war mit einem einzigen Ziel geschlossen worden: das zweite Rettungspaket und einen Anleihentausch sicherzustellen. Beides wurde Anfang April erreicht. Der Preis aber war hoch: Hunderttausende Griechen wurden arbeitslos, die Löhne wurden gekürzt.
Das Land ist weiter völlig abhängig von Hilfszahlungen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds. Die nächste Regierung muss im kommenden Monat noch weitere Sparmaßnahmen durchsetzen, um den Staatsbankrott zu verhindern.